Förderung: So bringen angewandte Energieforschung und neue Programme der Innovationsförderung die Transformation voran
Berliner Energietage
Programme der Innovationsförderung: Neue Bedarfe, neue Impulse
Nicht nur zum Erreichen der Klimaziele braucht es Innovationsförderung: Auf dem Panel „Forschung und Innovation als Grundlage der Transformation“, das am 27. Mai im Ludwig Erhard Haus stattfand, wurde deutlich, dass sie auch aus einem anderen Grund enorm wichtig ist.
In 20 Jahren soll Deutschland klimaneutral sein. Dr. Britta Buchholz, Vice President des Technologiekonzerns Hitachi Energy Deutschland, sieht dieses durchaus ambitionierte Ziel vor allem als Ansporn: „Jeder und jede kann sich vorstellen, welch riesige Chancen darin liegen, daran mitzuwirken, dass wir die Klimaziele erreichen“, sagte die Vorsitzende der Energietechnischen Gesellschaft im VDE während der Podiumsdiskussion „Forschung und Innovation als Grundlage der Transformation“, die am 27. Juni im Rahmen der Berliner Energietage stattfand.
Doch wie kann es konkret gelingen, dass Deutschland die gesetzliche Vorgabe erfüllt, bis 2045 klimaneutral zu sein? Einig war sich die Expertenrunde, die sich auf dem Podium im Ludwig Erhard Haus versammelt hatte, dass der angewandten Energieforschung dabei eine zentrale Rolle zukomme. Das dazugehörige Förderinstrument ist das mittlerweile 8. Energieforschungsprogramm (EFP) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE).

Aufgabe des EFP sei es, Unternehmen und Forschungsinstitute dabei zu unterstützen, neue technische Lösungen zu entwickeln und diese schnell in die Umsetzung zu bringen, erläuterte Dr. Rodoula Tryfonidou die Zielsetzung des Programms, das in den 1970er-Jahren als Reaktion auf die damalige Ölkrise ins Leben gerufen wurde. „Und eines ist sicher: Das Energiesystem der Zukunft wird nicht das heutige sein, die Technologien werden andere sein“, so die Leiterin des Referats Energieforschung – Grundsatzfragen und Strategie im BMWE, in dessen Zuständigkeit das EFP liegt.
Intensiver globaler Wettbewerb
Dass die angewandte Energieforschung nicht nur mit Blick auf das Erreichen der Klimaziele essenziell sei, darauf wies Dr. Wiebke Lüke hin. Diese Innovationsförderung brauche es nämlich auch, um am Standort Deutschland konkurrenzfähig zu sein, sagte die Gründerin und Geschäftsführerin der WEW GmbH, eines im Januar 2021 gegründeten Start-up im Bereich Wasserstoffelektrolyse.
Denn deutsche Unternehmen befänden sich heute in einem intensiven globalen Wettbewerb um die besten Klimatechnologien, so die Unternehmerin, die zugleich Mitglied im Beirat zum 8. EFP ist. „Weltweit sind im Bereich Wasserstoff 214 Unternehmen aktiv, davon 90 aus China“, machte Lüke die Situation am Beispiel ihrer Branche deutlich. „Vor allem Afrika und Südamerika sind interessante Märkte für uns. Doch wir müssen schnell sein, damit uns die asiatischen Wettbewerber diese Märkte nicht auch noch abnehmen.“

Der rasant fortschreitende Klimawandel einerseits, der zunehmende internationale Wettbewerb andererseits: Es ist ein hoch dynamisches Spannungsfeld, in dem sich die angewandte Energieforschung aktuell bewegt. Unter anderem deshalb sei das 8. EFP ein lernendes Programm, das ständig neu- und nachjustiert werde, erklärte Frau Tryfonidou. „Wichtig ist für uns: Wo sind die Bedarfe? Und sind wir dafür gut aufgestellt?“ Deshalb nehme das EFP laufend Impulse aus Forschung und Praxis auf und suche zunehmend die Verzahnung mit anderen großen Förderprogrammen und industriepolitischen Instrumenten.
Durch das „Tal des Todes“ auf den Markt für Klimatechnologien
Ein solches sind beispielsweise die Klimaschutzverträge (KSV), die sich in erster Linie an Unternehmen der energieintensiven Grundstoffindustrien richten. Europaweit sind diese für rund 16 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich – ein Anteil, der möglichst schnell und massiv reduziert werden muss, sollen die Klimaziele erreicht werden. Das noch junge Förderprogramm KSV, das nach dem Modell der sogenannten Differenzverträge ausgestaltet und im März 2024 gestartet ist, bietet seinen Zuwendungsempfängern die Möglichkeit, transformative Produktionsverfahren zu implementieren, die sich ohne staatliche Absicherung der damit verbundenen Preisrisiken noch nicht rechnen würden.
Dass die KSV genau das richtige Instrument sind, um klimaneutrale Produktionsprozesse in die breite Anwendung zu bringen, davon zeigte sich Prof. Dr. Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), überzeugt. Denn der CO2-Preis allein reiche nicht aus, um die notwendige Transformation im Bereich der Grundstoffindustrie im großen Maßstab anzustoßen.
„In dieser Markteinführungsphase wird der Staat dringend benötigt, da das Hochskalieren noch sehr teuer ist“, so der Ökonom. Andernfalls drohten viele technische Innovationen in einem „Tal des Todes“ stecken zu bleiben. Insofern böten die KSV nicht nur die Chance, die Energiewende im Bereich der Grundstoffindustrie deutlich zu beschleunigen. Sie trügen ähnlich wie das EFP auch dazu bei, dass sich deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb um die klimafreundlichsten Technologien behaupten könnten.
Commitment von Politik – und Gesellschaft
Doch was braucht es, damit Programme wie das 8. EFP und die KSV ihre volle Wirkung entfalten können? Ganz wichtig seien verlässliche politische Rahmenbedingungen, sagte Buchholz, die neben ihren anderen Funktionen und Ämtern Vorsitzende des Beirats zum 8. EFP ist. „Die Welt schaut bei diesem Thema auf Deutschland. Umso wichtiger ist es, hier Planungssicherheit zu signalisieren. Diese Energietechnik muss ja jemand bauen, und die baut nur jemand, der sicher ist, dass die Rahmenbedingungen auch über einen Regierungswechsel hinweg bestehen bleiben.“
Auch Neuhoff forderte „ein klares Commitment aus der Politik, aber auch aus der Gesellschaft zur Innovationsförderung“. Denn die Energiewende, auch darin war sich das Podium einig, wird nur dann gelingen, wenn es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger dabei mitzunehmen. (na)