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Biogasrevolution mit Pferdemist: Eine Chance für viele Landwirte

Eine Trockenfermentationsanlage mit gefülltem Gasspeicher. © Pertagnol 2025
Eine Trockenfermentationsanlage mit gefülltem Gasspeicher.

Biogaserzeugung
Biogasrevolution mit Pferdemist: Eine Chance für viele Landwirte

Dr. Joachim Pertagnol Mission Stromwende 2045, Mission Wärmewende 2045

16.06.25 | Aktualisiert am: 18.06.2025

Trockene Stoffe sind schwer verwertbar in der Biogaserzeugung. Das Projekt FeBio wollte das ändern, mit einer Trockenfermentationsanlage. Welche vielversprechenden Erfolge FeBio trotz Rückschlägen erzielte, erklärt Projektleiter Dr. Joachim Pertagnol vom Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme IZES im Interview.

Herr Pertagnol, Ziel Ihres Projekts FeBio war es, einen neuen Biogasanlagentyp für die Nutzung von Reststoffen zu bauen. Warum ist es relevant, Forschung in diesem Bereich voranzutreiben?

Pertagnol: Im Rahmen von FeBio war es unser Ziel speziell Pferdemist, aber insgesamt alle Feststoffe wie Stroh oder Landschafspflegegras, für die energetische Nutzung in einer Biogasanlage zu verwerten. Allerdings eignen sich diese für klassische Biogasanlagen, also Flüssigfermentationsanlagen, nur bedingt. Feststoffe können in solchen Anlagen Störstoffe sein, die den Prozess zum Erliegen bringen. Dabei bilden Feststoffe ein großes Potenzial für die zukünftige Biogasproduktion.

Gibt es weitere Gründe, warum sich die Entwicklung von Trockenfermentationsanlagen lohnt?

Ja, klassische Biogasanlagen sind technisch sehr komplex aufgebaut und dadurch wartungsintensiv, was wiederum mit Kosten verbunden ist. Neben der Wartung verbrauchen auch einzelne Komponenten, wie zum Beispiel das Rührwerk, viel Energie. Auch der bedingte Einsatz von festen Substraten bedarf einer vorgeschalteten Zerkleinerung, was ebenfalls sehr energieintensiv ist. Darunter leiden Wirkungsgrad und Ertrag. Nicht zu vergessen ist der Wärmebedarf. Flüssigfermentationsanlagen werden bei 45 bis 60 Grad betrieben, sodass frische flüssige Substrate, die größtenteils aus Wasser bestehen, auf diese Temperatur erwärmt werden müssen. Insbesondere im Winter steigt dadurch der Eigenwärmebedarf. Trockensubstrat hingegen benötigt weniger Wärme.

Wie entstand die Idee für FeBio?

Das Grundprinzip der Anlage ist generell nicht neu, es wurde bereits in den 2000er Jahren entwickelt. Im Laufe der Zeit wurden immer mal wieder Anlagen in ähnlicher Form gebaut – so auch 2013 ein ähnlicher Prototyp in der Nähe von Föhren. Dort ansässig ist die Firma Ökobit, die seit Jahren im Bereich von Planung und Bau von Biogasanlagen etabliert ist. Hieraus entstand der Kontakt und die Idee, die Anlagenteile neu aufzubauen, Verfahren zu optimieren und das Anlagenkonzept weiterzuverbreiten.

Das Ziel des Projekts war der Bau und die Inbetriebnahme einer Anlage. Das hat am Ende nicht geklappt, woran lag’s?

Im Laufe der Projektzeit hatten wir einige Probleme. Darunter waren Dinge, für die keiner etwas konnte, wie etwa lange Genehmigungsverfahren und Abstimmungen während der Coronazeit. Auch sorgte der Ausbruch des Ukraine-Kriegs für knappe Ressourcen und massiv gestiegene Preise, zum Beispiel für Transformatoren und Eisen. Insgesamt haben sich die Materialkosten, aber auch Arbeitskosten, extrem erhöht und sind bis heute auf einem hohen Niveau geblieben. Dasselbe gilt für die Bauzinsen.

Hinzu kamen wetterbedingte Beeinträchtigungen wie eine lange Regenperiode und das Pfingsthochwasser 2024 im Saarland. Das zwang uns umzuplanen, da die Tragfähigkeit des Bodens nicht mehr gegeben war. Das kann je nach Standort immer passieren und war einfach Pech. Der schon angesprochene Bereich Genehmigungen war zudem an vielen Stellen aufgrund der geltenden Vorschriften sehr zäh – von den Baugenehmigungen bis zum Netzanschluss. Zudem ist es generell eine Herausforderung, Genehmigungen für neuartige Anlagen zu bekommen.

Aufbau und Funktionsweise der Anlage:

Ein Querschnitt durch die Feststoffbiogasanlage mit unter der Bodenoberfläche liegendem Fermenter. © Pertagnol 2022

Die Biogasanlage weist eine Form auf, die einem landwirtschaftlichen Fahrsilo ähnelt. Sie ist zu etwa zwei Dritteln in den Boden integriert. Wände und Bodenplatte sind beheizt. Für die Befüllung und Entnahme ist die Anlage von einer Seite aus mit einem Radlader befahrbar.

Im Drei-Wochen-Rhythmus gibt es einen Schargenwechsel: Ein Drittel des Volumens wird mit frischem Substrat ersetzt. Danach wird das Substrat mit Schläuchen überzogen, die eine Perkolatverteilung ermöglichen. Das Perkolat dient der Gasproduktion, ist flüssig und wird in einem am Ende der Anlage sitzenden Tank gespeichert. Im letzten Schritt des Prozesses, wird der Substratbereich mit einer gasdichten Membran abgedeckt, um das Biogas zu sammeln. Das erzeugte Biogas kann anschließend in einem Blockheizkraftwerk verstromt werden.

Aufgrund der charakteristisch hohen Anfangsproduktionsrate von Biogas, welche im Verlauf abnimmt, ist der Einsatz von drei separaten Behältern vorteilhaft, um eine gleichmäßige Gasqualität und -menge sicherzustellen.

Haben Sie Tipps für Antragstellende, worauf Sie achten können, um den Genehmigungsprozess zu beschleunigen?

Die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Amt und eine genaue Darstellung, welche Anlage gebaut wird, ist für eine klare und schnelle Kommunikation wichtig. Am besten ist es, die jeweiligen Sachbearbeiter zu einer bestehenden Anlage einzuladen oder diesen zumindest mit Bildern zu zeigen, um welchen Anlagegentyp es sich handelt, um Missverständnisse im Vorab auszuschließen. Von einer Bauvoranfrage würde ich abraten, da diese viel Zeit in Anspruch nimmt und in unserem Projekt keinerlei Vorteile mit sich brachte.

Welche Erfolge konnten Sie trotz all dieser Hürden erzielen?

Wir haben es auf jeden Fall geschafft, Behörden – die die Risiken der alten Flüssigfermentationsanlagen im Hinterkopf haben – die Vorteile der neuen Anlage zu verdeutlichen. Davon werden künftige Anlagenbauer profitieren. Und obwohl die Anlage nicht fertig gebaut wurde, ist sie deutschlandweit bekannt. Landwirte zeigen großes Interesse daran. Spannend ist die Anlage vor allem für Betriebe, die 200 bis 300 Pferde auf dem Hof oder in direkter Umgebung haben. Bislang müssen sie ihren Pferdemist für die Weiterverwertung zu großen Anlagen durchs halbe Land transportieren oder können ihn lediglich ohne energetische Nutzung nach einiger Zeit Lagerung aufs Feld ausbringen, wo dieser Emissionen verursacht. Mit dem neuen Anlagentyp kann der Mist vor Ort als Strom und Wärme genutzt werden und direkt als Dünger auf Feldern und Wiesen eingesetzt werden.

„Obwohl die Anlage nicht fertig gebaut wurde, ist sie deutschlandweit bekannt. Landwirte zeigen großes Interesse daran.“
Joachim Pertagnol (Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme (IZES))

Wo sehen Sie weiteren Forschungsbedarf, wie kann es mit Ihren Ergebnissen weitergehen?

Die Technik, die wir eingebracht haben, und das Verfahren sind sehr einfach, was für spätere Betreiber schnell zu verstehen ist, gut in landwirtschaftliche Betriebe übernommen und an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden kann. Wir haben mit unserem Projekt grundlegende Fragen im Bereich Bau gelöst. Dagegen sind im Bereich der Verfahrenstechnik viele Fragen, was zum Beispiel die Optimierung des Wärmebedarfs, die optimale Verweilzeit oder Substratkombinationen betrifft, noch nicht abschließend beantwortet. Wichtig ist aus unserer Perspektive deshalb, dass weiterhin Forschungsförderung in dem Bereich auch dann fließt, wenn noch keine fertige Anlage steht.

Welches Fazit ziehen Sie aus der Projektlaufzeit von FeBio?

Es gab wie geschildert ein paar Stolpersteine, aber insgesamt war es ein sehr spannendes Projekt mit vielen Erkenntnissen und einer großen Reichweite in die landwirtschaftliche Praxis. Das Projekt hat gezeigt, dass mit der Anlage viele Fragen und Probleme der Praxis im Grunde heute schon gelöst werden können. Das heißt, wenn heute an einem Standort alle Genehmigungen vorlägen, könnte man in vier bis fünf Monaten Strom und Wärme produzieren. Durch die hohe Medienpräsenz des Projektes wurden außerdem viele Landwirte auf das Anlagenkonzept aufmerksam und haben sich an die Firma Ökobit gewandt. Von diesen Anfragen sind derzeit zwei Anlagen in Planung und eine in der direkten Genehmigungsphase.

Das Interview führte Uschi Jonas, Wissenschaftsjournalistin beim Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH.