Im Projekt BonoKeram erforschen Wissenschaftsteams keramische Werkstoffe, die die metallischen Bauteile der Turbine ersetzen sollen - beispielsweise das Laufrad. © warut – stock.adobe.com
Im Projekt BonoKeram erforschen Wissenschaftsteams keramische Werkstoffe, die die metallischen Bauteile der Turbine ersetzen sollen - beispielsweise das Laufrad.

Thermische Kraftwerke
Turbinenkomponenten aus Keramik für höheren Wirkungsgrad

30.03.2022 | Aktualisiert am: 13.11.2024

Neue leistungsstarke Mikrogasturbinen mit korrosionsbeständigen Bauteilen aus Keramik ermöglichen Turbineneinlasstemperaturen von bis zu 1.400 Grad Celsius. Damit ließen sich auch biogene Brennstoffe und Wasserstoff in Mini-Blockheizkraftwerken mit hohem Wirkungsgrad nutzen.

Im Vergleich zu Großturbinen verfügen Mikrogasturbinen über einen verhältnismäßig kleinen Wirkungsgrad. Genau hier setzt das Projekt BonoKeram an. Fokus der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, den Wirkungsgrad dieser Anlagen zu verbessern. Dafür ersetzen die Forschenden metallische Bauteile der Turbine durch solche aus keramischen Werkstoffen - beispielsweise das Laufrad. Kleine Gasturbinen, sogenannte Mikrogasturbinen, stellen elektrische Energie bis circa 200 Kilowatt bereit. Ihre kompakte Bauart ermöglicht einen flexiblen und dezentralen Einsatz in Mini-Blockheizkraftwerken (BHKW), beispielsweise um Ein- und Mehrfamilienhäuser mit Energie zu versorgen.

Verluste reduzieren – Wirkungsgrad steigern

Bei Turbinen spielt der sogenannte Spaltverlust eine besondere Rolle. Zum Hintergrund: Ein Teil der Brenngase strömt durch einen Spalt zwischen Laufrad und Turbinengehäuse, treibt also die Turbine nicht an. Der Spalt dient dazu, die Ausdehnung der metallischen Bauteile zu kompensieren, damit das Laufrad nicht am Turbinengehäuse schabt. Die Breite des Spalts ist sowohl bei kleinen als auch bei großen Turbinen nahezu identisch. Damit sind die Verluste bei größeren Anlagen geringer als bei kleineren. Hier zeigt der neue Werkstoff seine Vorteile: Keramik dehnt sich mit zunehmender Temperatur weniger aus als Metall. So können der Spalt kleiner und die Turbinenschaufeln größer dimensioniert werden. Dadurch strömt weniger Gas durch den Spalt und der Wirkungsgrad steigt.

Das richtige Material macht den Unterschied

Der neue Werkstoff muss einiges aushalten: Er soll hohe Temperaturen bis zu 1.400 Grad Celsius unbeschadet überstehen und sich dabei nur geringfügig ausdehnen sowie korrosionsbeständig und leicht sein. Diese Eigenschaften erfüllt Siliciumnitrid, ein kostengünstiger Keramikwerkstoff, den das Projektteam erforscht. Erste Modellrechnungen haben bestätigt, dass Rotoren aus diesen Hochleistungskeramiken gefertigt werden können. Die üblichen metallischen Legierungen schmelzen bereits bei 1200 bis 1300 Grad Celsius und können nur bis etwa 800 Grad Celsius eingesetzt werden.

Ganz einfach ist es jedoch nicht, die Materialien auszutauschen. Bei hohen Temperaturen verfügen metallische Legierungen gegenüber eher spröder Keramik über eine höhere Biege- und Zugfestigkeit. Im Betrieb dreht sich das Turbinenrad mit knapp 90.000 Umdrehungen pro Minute, was das Material stark belastet. Daher arbeiten die Forscherinnen und Forscher daran, die Zugspannungen in der Turbine zu minimieren.

Dazu analysieren sie zunächst die Lasten, die auf das Turbinenrad im Betrieb wirken. Wie lassen sich Parameter wie Schaufeldicke, Rundungen am Übergang zur Blattnabe oder die Windung der Blätter so optimieren, dass der Rotor möglichst wenig belastet wird - und trotzdem die Strömungsmechanik nicht leidet? Hierfür nutzen sie verschiedene Simulationsmethoden und Algorithmen.

Erste Modellrechnungen zeigen, dass es grundsätzlich möglich ist, Rotoren aus diesen Hochleistungskeramiken zu fertigen. Sobald das keramische Turbinenrad fertig ist, wollen die Projektteams dieses in einer kommerziellen Turbine einsetzen und prüfen. Bei den Tests sollen auch alternative Brennstoffe, wie Biogas und Wasserstoff, untersucht werden. (mm)