Energieeffizienter Campus
Innovatives Wärmemanagement für den Hochschulcampus
Im Zentrum Berlins entsteht der energieeffiziente Hochschulcampus Charlottenburg, entwickelt von der TU Berlin und der Universität der Künste. Ein energetischer Masterplan soll ein innovatives Wärmemanagement über ein Energieverbundnetz etablieren. Ziel ist ein energetisches und ökonomisches Optimum aus Energieeinsparung, lokaler Gewinnung Erneuerbarer Energien und Energiespeicherung. Der Campus soll Vorbild für Quartierssanierungen werden und als Lern- und Testlabor die nationalen Klimaschutzziele bereits bis 2025 erreichen.
Trotz der Einführung eines aktiven Energiemanagements betrug der Endenergiebedarf des Hochschulcampus Berlin-Charlottenburg (HCBC) im Jahr 2011 etwa 100 GWh. Dies bedeutet bei den aktuell vorhandenen Anlagentechnologien einen Primärenergiebedarf von ca. 140 GWh/a. Während beim Strom bereits 30% der Endenergie aus regenerativen Quellen stammt, ist dies bei Wärme noch lange nicht der Fall.
Ziel des Projekts ist es, bewährte Technologien so zu kombinieren, dass ein ökonomisch und energetisch optimiertes Zusammenspiel von Energieeinsparung, regenerativer Energiegewinnung, Speicherung, Verteilung und Nutzung auf dem Campusareal die „Wärmewende“ erreicht werden kann. Insgesamt herrscht am Standort HCBC ein Sanierungsstau von 300 Mio. Euro. Dieser soll in den nächsten Jahren auf Basis des Energie-Masterplans und seiner ganzheitlichen Konzeption sinnvoll abgebaut werden. In der 2019 begonnenen 1. Umsetzungsphase werden in Abstimmung mit der Hochschulentwicklungsplanung der TU-Berlin gebäudebezogene- und gebäudeübergreifende Sanierungsmaßnahmen am Hochschulcampus umgesetzt.
Auf dem Ostareal des Campus entsteht ein innovatives Wärmenetz, an welches die bestehenden Gebäude auf dem Areal, so wie die beiden Neubauten MATHE und IMoS angeschlossen werden. Diese beiden Neubauten werden im Planungsprozess begleitet und die dabei verwendeten Nachweismethoden evaluiert. Auf dem Nordareal des Campus soll ein Kälteverbund konzipiert, geplant und umgesetzt werden. Auch ist es geplant, ein bestehendes Nahkältenetz auf dem Süd-Gelände des Campus durch den Anschluss von weiteren Gebäuden mit eigenen Kältezentralen zu erweitern. Alle im Projekt umgesetzten Maßnahmen werden einem Monitoring unterzogen, um die erzielten Einsparungen zu bewerten und Optimierungen im Betrieb durchzuführen.
Forschungsfokus
Ziel des Projekts ist die energetisch und ökonomisch optimale Kombination von Energieeinsparung durch energetische Gebäudesanierung und lokaler Gewinnung von erneuerbarer Energie. Entscheidendes Merkmal ist dabei die Verschiebung der Wärmeenergiebilanzgrenze vom Gebäude hin zum Quartier.
Ein kaskadiertes 3-Leiter Wärmenetz mit dezentraler Einspeisung von verschiedenen erneuerbaren Energie- und Abwärmequellen soll im Forschungswärmenetz auf dem Ostareal des Campus getestet werden. Dazu werden, neben den vorhandenen Abwärme- und Erdwärmequellen, unterschiedliche Erzeugungsprofile mithilfe einer dezentralen Einspeisung aus dem bestehenden Fernwärmenetz‚emuliert‘.
Die in der ersten Phase des Projektes entwickelten Planungsmethoden sollen in der ersten Umsetzungsphase weiterentwickelt werden. Das soll eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Projekte ermöglichen. Die Energieeinsparungen der Maßnahmen, welche in der ersten Phase teilweise nur grob abgeschätzt werden konnten, können durch das Monitoring genau ermittelt werden. Das ermöglicht es Rückschlüsse auf die Genauigkeit gewählter Ansätze zu ziehen und diese zu verbessern.
Die derzeitig etablierten Nachweismethoden (z.B. EnEV) werden am Beispiel der entstehenden Neubauten auf dem Ostareal evaluiert. Anhand der Auswertungen sollen Empfehlungen für Planer, Nutzer und die Anpassung der Nachweismethoden erstellt werden.
Quartierskonzept
Ziel ist es nicht, Gebäude für Gebäude nach EnEV-Standard zu sanieren - wie normalerweise üblich. Dies wäre für den Campus als Ganzes finanziell auch gar nicht umsetzbar. Deshalb soll die Bilanzgrenze erweitert werden: Der gesamte Campus wird als Einheit betrachtet. Das ermöglicht es die campusweite kosteneffizientesten Maßnahmen zu identifizieren und damit die gewünschten Energieeinsparungen auf dem Campus mit dem geringstmöglichen Kostenaufwand zu erreichen.
Da das Forschungsprojekt vorwiegend der Umsetzung des energieeffizienten Campus dienen soll, wird schon bei der Konzepterstellung eng mit der Leitung und dem Gebäudemanagement der beiden beteiligten Universitäten zusammengearbeitet.
Wirtschaftlichkeit
Alle Einzelmaßnahmen wurden kostentechnisch bewertet. Im Laufe der Umsetzungsphase werden in Abstimmung mit der Bauabteilung der TU Berlin Maßnahmen priorisiert, genauer untersucht und detaillierte Kosten ermittelt. Diese Kosten dienen als Entscheidungsgrundlage für die endgültige Umsetzung der Maßnahmen.
Projektkenndaten
Ergebnisse und Praxistransfer des Vorhabens „EnEff:HCBC Hochschulcampus Berlin - Charlottenburg" (FKZ 03ET1354A und B)
Sowohl im Gebäude- als auch im Anlagenbereich konnten hohe Energieeinsparpotentiale auf dem Campus Berlin-Charlottenburg identifiziert werden. Gleichzeitig wurden Potentiale zur Nutzung von Umweltenergien vor allem im Bereich der Solarenergie und der bisher ungenutzten Abwärme gefunden und Wärme und-Kältenetze zur Verschiebung thermischer Energien untersucht. So entstand ein Maßnahmenkatalog. Die dort beschriebenen Maßnahmen wurden mit einem dafür entwickelten Software-Tools hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und energetischen Effizienz verglichen. Durch die Kombination und Priorisierung der effizientesten Maßnahmen entstand ein Energiefahrplan für den Campus. Mit dessen Hilfe ist es möglich, Investitionen so zu verteilen, dass daraus maximale Primärenergieeinsparungen bei minimalen Investitionskosten resultieren. Dies ist wesentlich schneller und preisgünstiger zu realisieren als die Nutzung konventioneller Methoden. Bei die-sen wäre lediglich eine sehr kosten- und zeitintensive gebäudeweise energetische Sanierung nach EnEV-Standards möglich.
Wichtig ist festzuhalten, dass mit den in diesem Projekt identifizierten Maßnahmen noch kein 100% CO2 neutraler Campus erreicht werden kann. Auch die maximal erzielbaren 80% sind nur dann erreichbar, wenn gebäudeübergreifende, innovative Maßnahmen miteinbezogen werden. Um das Ziel von 100 % konventioneller Primärenergieeinsparung zu erreichen, ist es notwendig, die gebäudeübergreifenden, innovativen Maßnahmen weiterzuentwickeln. Hierzu zählen bei den Ge-bäuden alternative Hüllensanierungen. Bei den Anlagen muss es gelingen, Umweltenergien besser einzubinden und zu nutzen. Dazu zählen beispielsweise die Weiterentwicklung von Wärmepumpen- und Speichertechnologien sowie eine innovative Verteilung von Wärme durch sogenannte Mehrleiter-Wärmenetze. Diese ermöglichen eine gebäudeübergreifende Nutzung von Wärmeenergie unter Ausnutzung verschiedener Temperaturniveaus.
In den nächsten Projektphasen wird zum einen die neuartige maßnahmenbasierte Planungsmethode getestet. In den nächsten zehn Jahren sollen Primärenergieeinsparungen/-substitutionen auf dem gesamten Campus in Höhe von zunächst 40 % realisiert werden. Bis 2035 wird das Wärmewendeziel in Höhe von 65 % angestrebt.
Zum andern soll parallel zu den Sanierungsmaßnahmen ein Demonstrator entstehen, in dem die gebäudeübergreifende Nutzung von erneuerbaren Energien und Abwärme über ein Mehrleiter-Wärmenetz gepaart mit Kurz- und Langzeitspeichern getestet und optimiert wird. Weiterhin ist elementares Ziel des Forschungsvorhabens, dass aus den Ergebnissen des EnEff:HCBC Projekts Handlungsempfehlungen entwickelt werden, die auf andere Stadtgebiet übertragen werden können.