wird geladen
Auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz naheliegend, aber die Energieforschung berührt auch sehr persönliche Lebensbereiche wie etwa das Bestattungswesen. © www.schulzdesign.info – stock.adobe.com
Auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz naheliegend, aber die Energieforschung berührt auch sehr persönliche Lebensbereiche wie etwa das Bestattungswesen.

Klimafreundliche Bestattung
Wie deutsche Krematorien jährlich bis über 100.000 Tonnen CO₂ einsparen könnten

07.11.2025 | Aktualisiert am: 07.11.2025

Feuerbestattungen verursachen in Deutschland jährlich bis zu 250.000 Tonnen CO₂. Das Forschungsprojekt HHydroKrem zeigt, wie Krematorien durch Wasserstoff, Strom und Wärmerückgewinnung ihren Ausstoß senken könnten.

Prozesswärme ist für viele industrielle Verfahren essenziell. Meist wird sie über fossiles Gas oder Öl erzeugt. Die Umstellung auf klimafreundliche Brennstoffe etwa in der Stahl- und Keramikproduktion liegt nahe. Weniger im Fokus stehen kleine Branchen, die jedoch großes Potenzial zur Reduktion von CO₂-Emissionen bieten – so etwa das Bestattungswesen, das dazu einen sehr persönlichen Lebensbereich betrifft.

Jährlich versterben in Deutschland rund eine Million Menschen. Insbesondere während der Corona-Pandemie und durch die alternde Bevölkerungsstruktur Deutschlands ist diese Zahl stark angestiegen. Etwa 80 Prozent der Verstorbenen entscheiden sich für eine Feuerbestattung.

Feuerbestattung und CO2-Fußabdruck: Erdgas sorgt für Emissionen

Arten der Feuerbestattung

Nach der Einäscherung wird die Urne mit der aufgefangenen Asche zur letzten Ruhestätte gebracht. Das kann eine klassische Urnenbeisetzung auf dem Friedhof sein, aber auch andere ausgewiesene Bestattungsplätze wie etwa bei einer See-, Luft- oder Waldbestattung sind möglich.

Deutschlandweit übernehmen 160 Krematorien diese verantwortungs- und pietätvolle Aufgabe. Zusammen emittieren sie dabei bis zu 250.000 Tonnen CO₂ pro Jahr. Im Einäscherungsprozess wird der Leichnam in einem Holzsarg bei Temperaturen von 800 bis über 1000 Grad Celsius verbrannt und die Asche in einer Urne aufgefangen. Die Mindesttemperatur von über 850 Grad Celsius in der Nachverbrennungskammer ist in der 27. Bundes-Immissionsschutzverordnung festgelegt und sorgt für einen besonders hohen Energiebedarf – bisher fast ausschließlich aus Erdgas.

Krematoriumsanlage mit hybrider Beheizung: Wasserstoff und elektrische Energie anstelle von Erdgas nutzen

Das Team aus dem Forschungsprojekt HHydroKrem will das ändern und arbeitet an einem innovativen Ofenkonzept. Da reine Elektroöfen die hohen Temperaturen aktuell nicht langzeitstabil bereitstellen können, setzen die Forschenden auf eine Kombination von Wasserstoff und elektrischer Energie. Der Wasserstoffbrenner ist hierbei für den Anfahrbetrieb und die Abgasnachverbrennung zuständig, während die Elektrobeheizung im kontinuierlichen Betrieb eingesetzt wird. Ein mehrstofffähiger Wasserstoffbrenner soll den Energieträgerwechsel dabei vereinfachen. Das bedeutet, dass der Brenner sowohl mit Wasserstoff als auch mit Erdgas oder einem Gemisch der beiden Gase funktioniert. Zusätzlich wollen die Forschenden den Betrieb durch ein intelligentes Lastmanagement flexibilisieren und so den Energiebedarf weiter senken.

Energieeffizienz im Krematorium: jährlich bis zu 118.000 Tonnen CO₂ einsparen

Die Forschenden in HHydroKrem setzen auf mehrere technische Einzelmaßnahmen, um den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen in Krematorien deutlich zu senken. Basierend auf deutschlandweit durchschnittlich 820.000 Einäscherungen pro Jahr, hat das Team die möglichen Einsparpotenziale berechnet: So könnten allein eine Wärmerückgewinnung und ein intelligentes Lastmanagement jeweils rund 10 bis 20 Prozent der eingesetzten Energie einsparen. Addiert mit allen anderen Maßnahmen aus HHydroKrem lassen sich Energieeinsparungen von 20 bis 50 Prozent erwarten. Insgesamt könnte die Bestattungsbranche so deutschlandweit bis zu 305 Gigawattstunden weniger Energie benötigen. Bezogen auf die CO₂-Emissionen sind dies Einsparungen von 76 bis 93 Prozent pro Krematorium – Deutschlandweit also bis zu 118.000 Tonnen CO₂ pro Jahr.

Krematorium der Zukunft: Forschungsprojekt HHydroKrem adressiert Mission Wasserstoff 2030 und Mission Stromwende 2045 im Energieforschungsprogramm

Das Projekt HHydroKrem wird im 8. Energieforschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) gefördert. Die verschiedenen Einzelmaßnahmen zahlen dabei in die Mission Wasserstoff 2030 und die Mission Stromwende 2045 ein. Die Forschenden haben sich dafür konkrete Aufgaben und Ziele gesetzt:

    • So analysieren und optimieren sie bei der Brennerentwicklung unter anderem die Brenngaseindüsung, die Flammenlänge und die Wärmeauskopplung in beiden Gas-Betriebsmodi (Erdgas und Wasserstoff).
    • Weiterhin untersuchen sie die Schädigung des Feuerfestmaterials und identifizieren langlebige und energiesparende Materialien.
    • Bei der elektrischen Beheizung legen sie den Fokus auf ein korrosionsarmes und wartungsarmes System und führen dafür zunächst Schadensanalysen an bestehenden Anlagen durch, um anschließend ein entsprechendes Demonstrator-Konzept entwickeln zu können.
    • In der Brennkammer wollen die Forschenden einen minimalen Energiebedarf bei den vorgeschriebenen Temperaturen und Verweilzeiten erzielen. Dafür setzen sie bei der Ofenkonstruktion neben einer langlebigen elektrischen Beheizung auf ein optimiertes Anfahrverhalten des Ofens.
    • Beim intelligenten Lastmanagement streben sie an, dass die Elektro- und Brennstoffbeheizung entsprechend der Netzdienlichkeit und Anlageneffizienz weitestgehend automatisch umschalten kann. So sollen sich die Öfen abhängig von der jeweiligen Anlagenauslastung und der Gesamtauslastungssituation am Standort nutzen lassen.

Methodisch setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt HHydroKrem dabei sowohl auf Simulationen als auch Modellsysteme und Demonstratoren, die sie anschließend unter realen Betriebsbedingungen testen.

Auch wenn sich Prozessbedingungen bei der Einäscherung in HHydroKrem ändern und die Feuerbestattung damit klimafreundlicher wird, ist klar: Die ethischen Standards und der pietätvolle Umgang mit den Verstorbenen stehen an erster Stelle und bleiben auch für die Forschenden immer im Blick. (ln)