
Supraschmierung in der Tribologie
Geringere Reibverluste könnten weltweiten Energiekonsum um bis zu neun Prozent senken
Das Team des Forschungsprojektes CHEPHREN will die sogenannte Supraschmierung weiterentwickeln und in die breite Anwendung bringen. Damit könnten verschiedene Antriebssysteme in Industrie und Verkehr zukünftig deutlich CO2-ärmer werden und einen großen Beitrag zur Energiewende leisten.
Hunderttausende Autos, LKW und Motorräder rollen täglich über Deutschlands Straßen. Gleichzeitig laufen unzählige Maschinen und Motoren in der Industrie nahezu rund um die Uhr. Beide Sektoren — Verkehr und Industrie — sind jeweils für rund ein Drittel des deutschen Energieverbrauchs verantwortlich. Doch ein großer Teil dieser Energie geht als Abwärme verloren. Grund dafür ist die Reibung, die bei der Kraftübertragung zwischen beweglichen Maschinenteilen entsteht. Wird es möglich, diese weitestgehend zu reduzieren, würden sich daraus große Einsparpotenziale sowohl beim Energieverbrauch als auch bei den CO2-Emissionen ergeben.
Supraschmierung könnte jährlich 370.000 Tonnen CO2 einsparen

Deshalb untersucht ein Team im Forschungsprojekt CHEPHREN die Effekte der sogenannten Supraschmierung (engl: Superlubricity), bei der die einzelnen Bauteile nahezu reibungsfrei aufeinander gleiten. Wird die Supraschmierung an möglichst vielen Elementen in Maschinen und Motoren erreicht, kann das große Mengen Kraftstoff oder Strom einsparen.
Die zehn Industriepartner aus CHEPHREN haben auf Basis ihrer eigenen Produktgruppen mögliche Energieeinsparungen überschlagen:
Sofern der Markt komplett durchdrungen wird, ließe sich der jährliche Energieverbrauch in Deutschland um rund eine Terawattstunde reduzieren. Da in Industrie und Verkehr nach wie vor überwiegend fossile Energieträger genutzt werden, spiegelt sich dies auch direkt in reduzierten CO2-Emissionen wider. Demnach würden rund 370.000 Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.
Weltweit könnten durch geeignete Maßnahmen in den kommenden 15 Jahren Reibverluste um rund 40 Prozent gesenkt werden. Umgerechnet würden dann fast neun Prozent des jetzigen weltweiten Energiekonsums eingespart. Neuartige und optimierte tribologische Systeme tragen daher bedeutend zu mehr Ressourcen- und Energieeffizienz bei.
Superharte Kohlenstoff-Beschichtung reduziert Reibung
Das Forschungsprojekt CHEPHREN soll bisher nur vereinzelt erreichte superniedrige Reibeffekte auf weitergefasste Anwendungsfälle übertragen und die bislang möglichen Reibwerte noch einmal unterbieten. Tribologische Optimierungsmaßnahmen fokussieren sich bisher überwiegend auf Verbrennungsmotoren (etwa im Forschungsprojekt PROMETHEUS).
Die Supraschmierung ist hier jedoch aktuell nicht umsetzbar: Der sogenannte Maskierungseffekt verhindert die supraschmierende Wirkung. Daher betrachten die Forschenden in CHEPHREN andere Anwendungsgebiete wie Antriebsketten, Kolben- und Zylinder-Paarungen, Elektro-Achsgetriebe, Pumpen und Lager.
Hier wollen sie multifunktionale Werkstoffe, optimierte homogene Beschichtungen sowie ultraglatte Schichtoberflächen entwickeln, die – teils unterstützt durch Schmierstoffe – besonders reibungsarm gleiten. Im Fokus steht dabei eine superharte Kohlenstoff-Beschichtung, der sogenannte tetraedrisch-amorphe Kohlenstoff (ta-C), sowie weitere triboaktive Beschichtungen für Bauteile aus Stahl oder auch Kunststoff.
Oberfläche, Beschichtung und Schmierstoff als ein Konstruktionselement sehen
In Labor- und Anwendungstests verschiedener Komplexitätsstufen wollen die Forschungs- und Industriepartner die supraschmierenden Systeme erproben und weiterentwickeln. Wichtig ist ihnen hierbei die zukünftige wirtschaftliche Machbarkeit sowie die grundlegende Übertragbarkeit. So betrachten sie Oberfläche, Beschichtung und Schmierstoff als ein Konstruktionselement, anstatt Einzel- beziehungsweise Insellösungen für ausgewählte Anwendungsgebiete zu entwickeln. Das zu CHEPHREN parallellaufende Forschungsprojekt SULUTRIB, bei dem ein Superlubricity-Tribometer entwickelt wird, unterstützt an dieser Stelle.
Die Projektpartner wollen zudem Datenbanken mit verifizierten tribologischen Messdaten aufbauen, um die Lebensdauer von Systemen vorhersagen zu können. CHEPHREN soll damit geeignete universelle Ansätze hervorbringen, mit denen sich die Supraschmierung zeitnah in die Praxis übertragen lässt. (ln)
