Windenergie
Einfluss von Windenergieanlagen auf Flug-Navigationsanlagen bestimmen
Forschende entwickeln ein Prognosewerkzeug, das den Einfluss von Windenergieanlagen auf Navigationshilfen der Luftfahrt berechnet.
Welchen Einfluss haben Windenergieanlagen auf Navigationseinrichtungen der Luftfahrt? Wie groß ist ihre Störwirkung tatsächlich? Und wie kann diese präzise gemessen werden? Der PTB ist es weltweit erstmals gelungen, diese Fragen messtechnisch genau zu beantworten. Die Erkenntnisse ermöglichen die Entwicklung eines Prognosewerkzeugs, das in Zukunft klare wissenschaftlich und juristisch belastbare Vorhersagen für die Störwirkung geplanter Windparks liefern kann.
Rund 60 Navigationsanlagen, so genannte Drehfunkfeuer, betreibt die Deutsche Flugsicherung (DFS). Diese flachen Bodenstationen mit Antennen senden permanent UKW-Funksignale. Vergleichbar mit Leuchttürmen weisen sie Flugzeugen den Kurs und sorgen für Sicherheit im Luftraum. Windenergieanlagen können die störungsfreie Übertragung der UKW-Wellen und damit die Genauigkeit der Positionsbestimmung beeinflussen. Denn die Funkwellen können an den Oberflächen der Anlagen streuen und reflektiert werden und damit einen so genannten Winkelfehler erzeugen. Durch ihn kommt das Signal der Navigationsanlage leicht verfälscht im Flugzeug an.
Neue Prognosemethode
Laut einer Umfrage der Fachagentur Windenergie konnten im 2. Quartal 2019 mehr als 1000 WEA mit einer Gesamtleistung von 4800 Megawatt nicht gebaut werden, weil sie zu nah an einer Navigationsanlage geplant seien und daher möglicherweise das Drehfunkfeuer stören könnten. Bei möglicher Störwirkung wird die Installation der WEA nicht genehmigt. Der Ausbau der Windenergie stockt, da nicht genügend Projekte eine Genehmigung erhalten. Mit der neu entwickelten Prognosemethode der PTB könnte in Zukunft schneller und genauer über Bauanträge entschieden werden.
In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekt „WERAN“ hat die PTB mit ihren Projektpartnern die wissenschaftlichen Grundlagen der bisherigen Bewertungsverfahren untersucht. Im aktuell laufenden Nachfolgeprojekt „WERAN plus“ erarbeiten die Forscherinnen und Forscher nun eine neue Prognosemethode, um die mögliche Störwirkung von WEA auf Drehfunkfeuer bereits im Vorhinein realistisch einschätzen zu können. Im Fokus stehen dabei so genannte DVOR-Navigationsanlagen (Doppler Very High Frequency Omnidirectional Radio Range).
Präzise Erfassung
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Drohnen mit Präzisionsnavigation entwickelt, deren acht Rotoren einen stationären Schwebflug ermöglichen (Oktokopter). So können sie Vor-Ort-Messungen in bis zu mehreren hundert Metern Höhe durchführen. Mit speziell dafür entwickelter Hochfrequenzmesstechnik und integrierten Antennen konnten die Forscherinnen und Forscher präzise erfassen, wie sich die DVOR-Funksignale ausbreiten, an den Windenergieanlagen reflektiert und schließlich gestreut werden. Außerdem konnten sie feststellen, wie sich die reflektierten Signale mit den direkten Signalen der DVOR überlagern.
Gleichzeitig haben die Projektpartner an der Universität Hannover Simulationsverfahren entwickelt, anhand derer am Großrechner ermittelt werden kann, wie hoch der durch Windenergieanlagen verursachte Winkelfehler ist. Die Ergebnisse dieser Simulationen haben die Forscherinnen und Forscher mit den detaillierten Messdaten aus den Oktokopter-Flügen abgeglichen. Basierend auf diesen Ergebnissen hat die PTB nun die von ihr genutzte Berechnungsformel für den Winkelfehler angepasst. Außerdem haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein verbessertes Prognosewerkzeug entwickelt. All diese Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit der DFS.