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Mit maschinellem Lernen zum intelligent gesteuerten Gebäude-Energiesystem
Wie lassen sich Energieflüsse in Gebäuden vorausschauend und damit effizienter steuern? Im Projekt ML-EBESR ermöglicht dies eine KI, die mit Gebäudedaten, Wetterprognosen und Strompreisen trainiert wurde. Das Start-up Green Fusion hat jetzt erste KI-gesteuerte Anlagen in Betrieb genommen.
Für deren effiziente Steuerung haben die Projektpartner einen Algorithmus entwickelt. Wie sich dieser konkret auf das Energiemanagement-System (EMS) auswirkt, erklärt Projektleiter Dr. Fabian Hart von Green Fusion am Beispiel: „Das EMS kann etwa das Laden der Batterie zurückhalten, wenn es weiß, dass die PV-Anlagen mittags mehr Strom produzieren. Dies verhindert, dass die Batterie zu früh voll ist und reduziert die Abregelung der PV-Anlage.“ Auch in anderen Bereichen gibt es Vorteile: So kann das EMS während Niedrigpreisphasen den Wärmespeicher vorheizen oder die Batterien aufladen. Dies vermeidet häufige, flache Lade- und Entladezyklen. Die Verweildauer der Batterie bei 100 Prozent Ladezustand wird reduziert. Eine Tatsache, die dazu führt, dass sich die Lebensdauer der Batterie verlängert.
Die Kopplung der verschiedenen Sektoren Strom, Mobilität und Wärme kann mit einer antizipativen Steuerung optimiert werden. Insbesondere Power-to-Heat-Anlagen spielen im Vorhaben ML-EBESR eine große Rolle. Hierbei wird Strom direkt in Wärme umgewandelt. Dies kann etwa über Wärmepumpen oder elektrische Heizstäbe. „Mit den Entwicklungen im Vorhaben soll der Strom kostengünstiger und in geringerem Umfang aus dem Netz bezogen werden. Auch dies soll dazu beitragen, dass Wärme nach Bedarf und preisgünstiger zur Verfügung gestellt werden kann. Die eigene Wärmeproduktion soll mit hohen Wirkungsgraden erfolgen“, so Dr. Hart.
Neu entwickelter Algorithmus liefert Energie-Fahrplan
Kern des Projekts ML-EBESR ist eine KI, die mit vielfältigen Daten trainiert wird – von Gebäudemerkmalen über Wetterprognosen bis zu Strompreisen und Zustandsdaten der Anlagen. Mit maschinellem Lernen (ML) entwickelt das Wissenschaftsteam einen Algorithmus, der Muster erkennt, Zusammenhänge bewertet und das Gesamtsystem laufend neu optimiert. So entstehen Prognosen, etwa für die kommenden 24 Stunden. Für einen solchen Zeitraum erstellt der Algorithmus einen optimierten und effizienten Fahrplan. Dieser bestimmt, wann die Wärmepumpe laufen, der Speicher laden oder Strom ins Netz eingespeist werden soll.
Von der Simulation ins Feld
Um ihre Entwicklungen zu testen, kombinieren die Forschenden reale Daten mit Simulationswerten. Dafür erstellen sie Gebäudemodelle, die anhand realer Werte kalibriert werden. So können verschiedene Algorithmen virtuell getestet und verglichen werden, bevor sie in die Praxis überführt werden. Diese Kombination aus Simulation und realem Betrieb ist ein zentrales Merkmal des Projekts. Im Praxistest überprüfen die Forschenden, ob die Steuersignale der Cloud korrekt an die Anlagen gesendet und von diesen bestätigt werden. Zusätzlich werden Leistungsdaten und Betriebsparameter im Feld ausgewertet. „Nur, wenn wir die Modelle direkt im realen Umfeld validieren, können wir ihre Robustheit und Übertragbarkeit bewerten“, so Dr. Fabian Hart.
„GreenBox“ setzt Entscheidungen der KI im Gebäude um
Einen ersten Schritt in Richtung Praxis sind die Projektpartner jetzt gegangen. Das Start-up Green Fusion hat an den ersten Anlagen die hauseigene „GreenBox“ installiert und in Betrieb genommen. Bis Mitte Oktober wurden insgesamt zehn dieser lokalen Steuerungsboxen installiert.
Deren Aufgabe ist es, die KI-Entscheidungen aus der Cloud in den Gebäuden wirksam werden zu lassen. Die GreenBox, das Edge-Gerät des Energiemanagement-Systems, steht direkt beim Kunden und vernetzt alle Komponenten. Ihre Aufgaben: Sie liest in Echtzeit die Daten von PV-Anlage, Wärmepumpe, Batterie und Zählern aus, führt Steuerbefehle aus und sorgt für einen sicheren Betrieb – auch wenn die Cloudverbindung ausfällt. In diesem Fall greift eine regelbasierte Fallback-Logik, die den Betrieb lokal absichert. Die GreenBox empfängt von der Cloud dynamische Sollwerte, die auf ML-Vorhersagen beruhen, und setzt diese um. Außerdem sendet sie Steuersignale an die jeweiligen Anlagen. Darüber hinaus wandelt sie rohe Gerätedaten in einen internen, standardisierten Datenpunkt-Namen sowie in ein entsprechendes Format um.
Wie Power-to-Heat-Anlagen davon profitieren, zeigt ein Beispiel: So kann etwa durch ein Anheben des Pufferspeicher-Sollwerts die GreenBox die Wärmepumpe oder den Heizstab zur Nutzung von PV-Überschuss oder billigem Netzstrom anregen. Die Energie wird dann als Wärme gespeichert. Zunächst wird die GreenBox nur an einzelnen Anlagen im Gebäude getestet.
Transfer-learning sichert Übertragbarkeit
Die Erkenntnisse aus ML-EBESR sind auch auf andere Gebäude übertragbar. Damit dies möglich ist, setzen die Expertinnen und Experten auf transfer-learning. Dies ist eine Technik des maschinellen Lernens: Dabei wird das durch eine Aufgabe oder einen Datensatz gewonnene Wissen genutzt, um die Modellleistung bei einer anderen, verwandten Aufgabe oder einem Datensatz zu verbessern. Anstatt ein neues Modell von Grund auf neu zu trainieren, wird ein bereits trainiertes Modell verwendet und an die spezifischen Anforderungen der neuen Aufgabe angepasst. (bs)