Der Campus der Technischen Universität München in Garching, mit der Stadt Garching im Hintergrund © Lehrstuhl für Energiesysteme (LES, TUM)
Der Campus der Technischen Universität München in Garching, mit der Stadt Garching im Hintergrund

Quartiers-Energiekonzept
Methodik für optimierte Energieversorgung von Mischgebieten

12.07.2021 | Aktualisiert am: 19.11.2024

Ausgehend von der Analyse historischer Verbräuche sowie Simulationen von Großverbrauchern und Gebäudekomplexen wurden verschiedenste Strom-, Wärme- und Kältebedarfsszenarien für die künftige Entwicklung des Campus Garching der TU München erstellt und sektorenübergreifend optimiert.

Hierzu entwickelten die Forschenden das Optimierungsframework urbs weiter. Dies ermöglicht zum Beispiel die ganzheitliche Optimierung von Energiesystemen über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten mit stündlichen Zeitschritten. Als Ergebnis der Forschungsarbeiten entstand eine Methodik zur Bewertung und Optimierung komplexer Energiesysteme, die auf heterogene Mischgebiete übertragbar ist. Das Optimierungsframework steht als open-source-Werkzeug zur Verfügung.

Zusätzlich haben die Projektpartner einen Leitfaden für die Energiesystemoptimierung zur Transformation komplexer Bestandsquartiere entwickelt, der frei verfügbar ist.

Projektkontext

Bereits heute zählt der Campus Garching der TU München mit mehr als 15.000 Studenten und 6.000 Mitarbeitern zu den größten Universitätsstandorten in Deutschland. Hält das rasante Wachstum der letzten Jahre an, wird in naher Zukunft eine Neuausrichtung der Energieversorgung erforderlich sein.

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Übersicht der Gebäudestruktur auf dem TUM Campus in Garching (© Lehrstuhl für Energiesysteme (LES, TUM))

Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des CleanTechCampus Projekts ein innovatives Energiekonzept entwickelt werden, welches die Integration der bestehenden sowie neu hinzukommenden Gebäudestruktur in eine hocheffiziente Versorgungs- und zunehmend regenerative Erzeugungsstruktur realisiert. Hierfür wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, indem die Strom-, Wärme- und Kälteversorgung nicht wie üblich einzeln, sondern gekoppelt betrachtet werden. Die dazu notwendigen Methoden und Werkzeuge werden interdisziplinär entwickelt und können dann – zusammen mit den im Projekt gewonnenen Erkenntnisse -  bei der Optimierung anderer komplexer Mischgebiete des Sektors Gewerbe, Handel und Dienstleistungen eingesetzt werden.

Forschungsfokus

Die sektorengekoppelte Optimierung bietet Möglichkeiten Synergien zu nutzen, auf die bei der klassischen Energiesystementwicklung nicht oder nur unzureichend zurückgegriffen werden kann. Dadurch lassen sich Energieeinsparpotenziale und wirtschaftliche Vorteile realisieren. Schwerpunkt der Forschungsarbeiten ist die Entwicklung einer Methodik zur Optimierung gekoppelter Strom-, Wärme- und Kältesysteme mit Einbindung der Verbraucher, Erzeuger und Speicher. Die Methodik soll als Open-Source-Tool verfügbar sein.

Folgende zentrale Fragestellungen der Optimierung sollen beantwortet werden:

  • Wie lassen sich Potenziale durch Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Sparten und Komponenten des Energiesystems identifizieren und nutzen?
  • Wie und wo können neuartige Technologien wirksam in die bestehende Infrastruktur von Mischgebieten eingebunden werden?
  • Wie kann die ökologische Transformation des Energiesystems eines Bestandgebiets effizient erfolgen?
  • Welche Maßnahmen erweisen sich unter verschiedensten Entwicklungsszenarien als besonders robust?
Schematische Darstellung der sektorengekoppelten Optimierungsmethodik mit dem Framework urbs. © Lehrstuhl für Energiesysteme (LES, TUM)
Schematische Darstellung der sektorengekoppelten Optimierungsmethodik mit dem Framework urbs.

Weitere Abbildungen

Zentrale Idee und Ansatz

Basierend auf eine Analyse der historischen Verbräuche, Simulationen von Großverbrauchern und Gebäudekomplexen wurden unter Berücksichtigung verschiedener Campusentwicklungen Strom-, Wärme- und Kältebedarfsszenarien für den Campus Garching erstellt. Mit dem Ziel der optimalen Bedarfsdeckung hinsichtlich Kosten und Minderungen der energiebedingten Treibhausgasemissionen wurde ein Energieerzeugungssystem für den Campus geplant und durch die Weiterentwicklung des sektorenübergreifenden Optimierungstools urbs optimiert. Der iterative, interdisziplinäre Planungsprozess und die open-source-Optimierungssoftware sind öffentlich verfügbar.

Einsatzgebiet Quartierskonzepte, Planung/Optimierung des Gesamt-Energiesystems, Detail- und Gesamtsimulationen, Integrale Planung und nachhaltige Standortentwicklung; Anschauungsobjekt: Open-Source-Tool, um andere Akteure zur Optimierung ihres Energiesystems zu bewegen.
Perspektiven Veröffentlichung als Open Source Tool; Optimiertes Energiekonzept des Campus und resultierende ökologische und ökonomische Vorteile und übertragbare Erkenntnisse
   
Methoden-/Konzepttyp Beschreibung, Kommentar
Modellierung & Simulation Gebäudesimulation, zeitliche und räumliche Optimierung der Energieversorgung, Netzsimulation (4-Leiter Stromnetzmodell, Fernwärme), Detailmodellierung einzelne Technologien (ChengCycle, Verbesserungen an diesem etc.)
Planung & Auslegung Planung und Auslegung der Energieversorgung von Quartieren mit Mischnutzung (GHD-Profil)

 

Erprobung und Anwendung

Im Projekt wurde die Methodik auf den Campus der TU München in Garching angewendet, um einen umfassenden Entwicklungsplan für den Aus- und Umbau des Energiesystems zu erstellen. Zudem wurde die Methodik zur modellhaften Bewertung des Einsatzes innovativer Technologien und Lösungen in einem stark gekoppelten Energiesystem eingesetzt. Diese innovativen Lösungsansätze sollen in der nächsten Phase in Pilotprojekten am Campus demonstriert werden.
Das Projekt soll zudem übertragbare Erkenntnisse zur Planung einer robusten und zukunftsfähigen Energieversorgungs- und Netzstruktur für komplexe Mischgebiete liefern. Eine anwenderfreundliche Übertragbarkeit spartenübergreifender Optimierungsmodelle und Potenziale auf ähnliche Quartiere wird angestrebt.

Anwendungsbedingungen, Möglichkeiten Sektorenübergreifende Ausbau- und Einsatzplanung von Energiesystemen auf Quartiersebene ermöglicht:
  Identifikation von Möglichkeiten zur Ausnutzung von Synergien, auf die bei der klassischen Energiesystemplanung nicht oder nur unzureichend zurückgegriffen werden kann.
  Steigerung der Potenziale zur Reduktion energiebedingter Treibhausgasemissionen und wirtschaftlicher Einsparungen.
Bezugsadresse/Download Veröffentlichung des spartenübergreifenden Optimierungstools ‚urbs‘ - A linear optimisation model for distributed energy systems (temporal), siehe Links