Symbolbild: Energiesystem © petovarga – stock.adobe.com

Mission Energiesystem 2045

„Wir treiben mit Innovationen den Wandel zu einem klimaneutralen, effizienten und resilienten Energiesystem voran.“

Je mehr Verbrauchssektoren mit elektrischer Energie versorgt werden, desto mehr steigt der Anspruch, jede erneuerbar erzeugte Kilowattstunde Strom noch effizienter zu nutzen und dazu die einzelnen Sektoren zu koppeln. Daher kommt stabilen Stromnetze und deren Betrieb im zukünftigen Energiesystem eine besondere Bedeutung zu. Ebenso wird grüner Wasserstoff als Energieträger dabei eine zentrale Rolle spielen. Die Energieforschung legt für all diese Lösungsansätze wichtige Grundlagen und überprüft das Zusammenwirken neuer Technologien in Projekten durch Demonstration oder in Modellen.

Daneben ist eine zuverlässige Energieversorgung entscheidend für den deutschen Industrie- und Dienstleitungsstandort. Um diese zu gewährleisten, müssen vielfältige Technologien, Energiequellen und -träger eingesetzt werden. Daher ist eine höhere Technologiesouveränität ein wesentliches strategisches Ziel. Um dieses zu erreichen, wird sich die Energieforschung diesen neuen Herausforderungen verstärkt zuwenden.

Forschung ist aber nicht nur der Schlüssel für energiepolitische Ziele, sie bietet auch Grundlagen an, um politische Leitlinien der Zukunft zu erarbeiten. Das gilt insbesondere für ein so komplexes Gefüge, wie das Energiesystem. Daher betrachtet das BMWK innerhalb des Energieforschungsprogramms die Entwicklung von systemischen und technologischen Innovationen und rundet die Forschung mit systemanalytischen und gesellschaftlichen Fragen, Prognosen und Entwicklungsszenarien ab.

Die Zukunft des deutschen Energiesystems wird von erneuerbarer, dezentral erzeugter Energie und der Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr geprägt sein. Der Übergang – weg von den fossilen Energieträgern – ist bereits im Gange. Sektorkopplung, Flexibilisierung, der Einsatz unterschiedlicher Energieträger und Technologien, um das System widerstandsfähiger zu machen, aber auch eine digitale Infrastruktur, Energieeffizienz und neue Geschäftsmodelle sind in dieser Zukunft essenziell.

Um bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, müssen alle möglichen Pfade der Transformation aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Als Gesellschaftsprojekt ist für die Energiewende die breite Akzeptanz und die Aktivierung aller beteiligten Akteure notwendig. Diese wiederum benötigen eine klare Vision, plausible Pfade und eine klare Zielstellung. Die Forschungsförderung ermöglicht daher auch Projekte, die die Orientierung und Wissen bieten, um einen wirkungsvollen Wandel des Energiesystems umzusetzen.

1.1 Ein Zielbild für das Energiesystem 2045 weiterentwickeln und aktualisieren
Durch die Energieforschung werden mit wissenschaftlichen Grundlagen die notwendigen politischen Entscheidungen gefestigt und erweitert. Mit umfassenden Zielszenarien werden für die Verknüpfungen und Abhängigkeiten im Energiesystem innovative Methoden entwickelt und geprobt, Modelle weiterentwickelt, optimiert und validiert. Dabei werden auch die verschiedenen technologischen Optionen und Zielkonflikte der Transformation berücksichtigt.

1.2 Pfade zum Erreichen des Ziel-Energiesystems konkretisieren und bewerten
Um den Übergang zum Ziel der Klimaneutralität hin effizient und sicher zu gestalten, müssen durch die Energieforschung sinnvolle Indikatoren zur Überprüfung der Zielerreichung bestimmt werden. Denn neben dem Potenzial neuer Technologien und der wahrscheinlichen Dauer bis zur Einsatzreife sind auch Möglichkeiten für Pfadwechsel bei unerwarteten gesellschaftlichen oder technischen Entwicklungen wichtig.

1.3 Möglichkeiten zur Partizipation im zukünftigen Energiesystem erhöhen
Eine hohe Teilhabe und Mitwirkung sind für das Gelingen der Energiewende essenziell. Mit Methoden aus der Technikfolgenabschätzung, der Verhaltensökonomie und Akzeptanzuntersuchungen sollen Forschende innovative Möglichkeiten zur Partizipation einsetzen.

Elektromobilität, die Elektrifizierung der Wärmeversorgung und auch der geplante Aufbau einer Infrastruktur für die Wasserstoffwirtschaft haben Auswirkungen auf die bestehenden Infrastrukturen für Strom, Gas und Wärme. Hier kommt die Sektorkopplung ins Spiel. Die Folgen der Verknüpfung der einzelnen Sektoren müssen erforscht werden, um die Gesamteffizienz des künftigen Energiesystems nicht zur sicherzustellen, sondern auch zu erhöhen.

2.1 Methoden der sektorübergreifenden Modellierung und Planung praxisnah weiterentwickeln
Damit Forschungsergebnisse möglichst breit nutzbar sind, muss die Datenbasis für die komplexe und auch sektorübergreifende Systemmodellierung erweitert und verbessert werden. Offen und mit klaren einheitlichen Datenformaten und Schnittstellen sollen die Ergebnisse für alle zugänglich sein, um sie praxisgerecht anwendbar zu machen.

2.2 Sektorübergreifende Erprobung und Validierung umsetzen
Systemische Großprojekte, wie die Reallabore der Energiewende leisten zentrale Beiträge zur sektorübergreifenden Erprobung und Validierung neuer Technologien und Prozesse. Durch ihre wissenschaftliche Begleitung werden Innovationen und ihre Systemintegration weiter optimiert. So kann das Vertrauen in neue Entwicklungen gestärkt werden und ein Wissenstransfer gezielt ermöglicht werden.

2.3 Digitalisierung vorantreiben
Überall dort, wo der Einsatz von Gaia-X sinnvoll ist, wird die durch das BMWK geförderte Energieforschung die Nutzung des Gaia-X Trust-Framework für Use-Cases und Anwendungen im Energiebereich unterstützen. Dadurch werden Daten durch gemeinsame Regeln, offene Standards und Schnittstellen verfügbar gemacht, die vertrauensvoll zwischen verschiedenen Infrastruktur-Anbietern interoperabel genutzt werden können.

In einem dezentralen Energiesystem muss eine sichere Versorgung mit erneuerbaren Energien gewährleistet sein. Das bedeutet auch, weniger abhängig von Technologie-, Rohstoff- und Energieimporten und geopolitischen Einflüssen zu sein. Aus diesen Gründen muss das zukünftige Energiesystem schnell und verlässlich auf äußere Veränderungen reagieren können und durch den Einsatz verschiedener Technologien und Resilienzmaßnahmen widerstandsfähiger sein. So können bestehende Schwachstellen gefunden und behoben werden.

3.1 Die Energieversorgung diversifizieren
Um das künftige Energiesystem widerstandsfähiger zu machen, ist es wichtig, verschiedene Energiequellen strategisch einzusetzen. Dazu soll die Forschung Beiträge liefern, um die besten Optionen der unterschiedlichen Energiequellen, -träger und -speicher zu bewerten. Dabei kommt grünem Wasserstoff eine besondere Bedeutung zu.

3.2 Vulnerabilitäten des Energiesystems identifizieren und reduzieren
Mit Hilfe von Szenario- und auch Schwachstellenanalysen sollen Probleme im Energiesystem – während der Umstellung des Energiesystems und im Zielzustand selbst – aufgedeckt und beseitigt werden. Das schließt auch die Simulation der Auswirkung möglicher Störungen im Energiesystem ein, um durch Forschung mögliche Lösungsoptionen zu entwickeln.

3.3 Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen reduzieren, Technologiesouveränität stärken
Die Bewertung, wie kritisch Rohstoffe, Komponenten und Zulieferteile sind, ist ein zentraler Schritt, um Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen reduzieren zu können. Untersuchungen von Lieferanten und Herkunftsländer liefern wertvolle Informationen, um darauf aufbauend mögliche technologische Optionen in Deutschland und der EU abzuleiten. Dazu sind in Projekten und begleitenden Maßnahmen auch die Aspekte der Fachkräftesicherung und des wissenschaftlichen Nachwuchses zu adressieren.

3.4 Technologien zur Krisenverhinderung, -vorsorge und -bewältigung entwickeln
In der Forschung sollen auch Technologien und Verfahren der Energiemeteorologie und der künstlichen Intelligenz entwickelt und eingesetzt werden. So können kritische Situationen im Energiesystem verhindert oder Auswirkungen kritischer Zustände abgemildert werden. Doch auch für den Fall eines negativen Ereignisses, müssen Technologien entwickelt werden, um das Netz schnell wiederherzustellen und die Energieversorgung sicherzustellen.

Neben Effizienz und Resilienz ist Nachhaltigkeit im zukünftigen Energiesystem ein zentraler Baustein einer gelungenen Energiewende. Dafür werden in der Forschung nicht nur die Energieinfrastrukturen betrachtet, sondern auch der Ressourcenverbrauch aller Wirtschaftsgüter. Dazu werden in einem nachhaltigen Energiesystem Treibhausgas-Emissionen und Umwelteinflüsse von Technologien und Produkten über deren gesamten Lebenszyklus, aber auch der Einsatz von recyclingfähigen Materialien berücksichtigt. Darüber hinaus können Normen und Empfehlungen aus der Forschung dabei helfen, innovative Produkte schneller auf den Markt zu bringen.

4.1 Übergang von der linearen zur zirkulären Wirtschaft voranbringen
Um Materialien effizient und nachhaltig einzusetzen, muss von Beginn an auf eine Kreislaufwirtschaft gesetzt werden. Insbesondere bei Rohstoffen, die knapp sind oder die Umweltschäden verursachen, müssen von der Einwegnutzung in eine Wiederverwendbarkeit überführt werden. Dafür müssen Technologien, Konzepte und Geschäftsmodelle der zirkulären Wirtschaft erprobt werden.

4.2 Nachhaltige Produktionsprozesse aufbauen
Nicht nur der direkte Verbrauch von Gütern wirkt sich auf den nachhaltigen Umgang mit Energie aus, auch die Energie, die für Herstellung und Entsorgung benötigt wird. Ziel ist es, durch innovative Produkte und dazu passenden Herstellungsverfahren, weniger energieintensive Rohstoffe zu verwenden, sie durch Alternativen oder recycelte Rohstoffe zu ersetzen und die Produkte zudem auch länger haltbar zu machen. Diese Maßnahmen tragen auch zu den globalen Nachhaltigkeitszielen bei.

4.3 Nachhaltigkeitsstandards auf pränormative Forschung stützen
Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands international zu erhalten, müssen Nachhaltigkeitsstandards mitgestaltet werden. Mit einer vorwettbewerblichen und pränormativen Energieforschung können marktprägende Standards vorbereitet werden und diese im Anschluss zu nationalen, EU-Standards und globalen ISO-Standards weiterentwickelt werden.

Die Umwandlung des Energiesystems soll zum Standortvorteil für Deutschland werden, denn es ergeben sich zahlreiche Chancen, die den Wirtschaftsstandort durch neu entwickelte Technologien stärken. Durch die Forschungsförderung im Rahmen des Energieforschungsprogramms können diese technologischen Innovationen weiterentwickelt werden. Dabei ist es eine der großen Herausforderungen der Energiewende, die Kosten für neue Technologien niedrig zu halten, damit Energie bezahlbar bleibt. Innovationen aus der Forschung tragen auch dazu bei, Kosten zu senken und neue Impulse zu geben.

5.1 Effizienz steigern und Kosten reduzieren
Neue Technologien, die Energieverbräuche flexibler gestalten, sollen Kosten senken. Durch Forschung zur automatisierten Produktion und zur Hochskalierung wird eine gesteigerte Effizienz erreicht. Dazu sollen auch günstigere Materialien und langlebigere Technik eingesetzt werden.

5.2 Innovative Geschäftsmodelle und Energiegemeinschaften unterstützen
Forschungsvorhaben können innovative Geschäftsmodelle unterstützen und auf diese Weise Chancen für Unternehmen aufzeigen. Auch soziale Innovationen, wie beispielsweise Energiegemeinschaften, leisten innerhalb der Energieforschung einen Beitrag zur wirtschaftlichen Umstellung und sozialen Ausgewogenheit.

5.3 Den Energiemarkt modellieren:
Die unterschiedlichen Arten von Energiemärkten können zukünftig anhand von speziellen Modellen entwickelt und evaluiert werden. Hierbei spielen verschiedene Ansätze – von agentenbasierten bis zu modellbasierten Analysen – eine wichtige Rolle.

Sprinterziele

Sprinterziele sind kurz- und mittelfristige Ziele, die innerhalb einer Forschungsmission erreicht werden sollen, um das Erreichen eines klimaneutralen und sicheren Energiesystems bis 2045 durch Energieforschung zu unterstützen.

  • Sprinterziel 1
    Die sektorübergreifende, integrierte Energieinfrastrukturplanung wird für alle Regionen Deutschlands bis 2023 beherrscht. Egal, ob es sich dabei um die Planung von Netzen, der Erzeugung, dem Verbrauch oder der Speicherung von Strom, Wärme oder Wasserstoff handelt. Auch die Umwandlung von Strom in andere Stoffe (Power-to-X) oder die Laststeuerung (Demand Side Management) werden dabei berücksichtigt.