
Chemische Verfahrenstechnik
Wie digitale Stoffdaten-Modelle die Prozessentwicklung beschleunigen und Ressourcen sparen
Im Projekt DiKey arbeiten Forschende daran, neue chemische Prozesse zukünftig mithilfe der Modellierung von Stoffdaten entwickeln zu können. Ihr Ansatz: maschinelles Lernen. So lassen sich Markteinführungszeiten verkürzen und die Nachhaltigkeit steigern. Ein Praxistest soll die Vorteile der neuen Methode belegen.
Die chemische Industrie steht aktuell vor mehreren Herausforderungen: die Energiewende umsetzen, Zugang zu neuen Rohstoffquellen finden sowie immer kürzere Produktlebenszyklen realisieren. Daher ist es notwendig, neue Prozesse zu entwickeln, die schnell verfügbar sind und gleichzeitig hohe Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Hier setzt das Forschungsprojekt DiKey an.
Maschinelles Lernen erleichtert Suche nach neuen Verfahrensvarianten
Um neue Prozesse konfigurieren zu können, müssen insbesondere die Stoffdaten der eingesetzten Rohstoffe und Gemische bekannt sein. Aufgrund zahlreicher möglicher Stoffgemische ist jedoch eine experimentelle Ermittlung aller relevanten Daten praktisch nicht umsetzbar. Deshalb setzen die Forschenden in DiKey Methoden des Maschinellen Lernens (Machine Learning) ein. Hiermit wollen sie hochgenaue und breit anwendbare Modelle zur Vorhersage von Stoffdaten erstellen. Anders als bisherige physikalische Modelle sind diese deutlich leistungsfähiger und flexibler.
Für eine möglichst praxisnahe Entwicklung nutzt das DiKey-Team das sogenannte Föderierte Lernen (Federated Learning) – eine Methode des Maschinellen Lernens, bei der Modelle auf mehreren Geräten trainiert werden, unabhängig von einem zentralen Datensatz. Außerdem implementieren die Forschenden Verschlüsselungstechnologien, um Firmendaten in das Modelltraining miteinzubeziehen und dabei stets die Vertraulichkeit zu wahren. So kann eine sehr große Zahl von Verfahrensvarianten ohne Experiment untersucht und bewertet werden.
Aus der Branche, für die Branche: DiKey erprobt Modelle in der Praxis und lädt zum Erfahrungsaustausch ein
Die neuen Modelle werden gezielt auf die Bedürfnisse der Chemischen Industrie zugeschnitten. So sind neben den Projektpartnern Fraunhofer IWTM, DECHEMA, RTPU Kaiserslautern, Ruhr-Universität Bochum und INOSIM GmbH als assoziierte Partner auch bekannte Chemieunternehmen wie Bayer, Evonik Operations und Merck beteiligt. Sie bringen eigene Stoffdaten und Anwendungsszenarien in das Forschungsprojekt ein.
Nach der Modellentwicklung will das DiKey-Team die vielversprechendsten Verfahren auswählen, um diese mit den beteiligten Unternehmen in der Praxis zu erproben. Dazu werden die Verfahren weiter modellgestützt optimiert und auch hinsichtlich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet. Für die praktische Umsetzung kombinieren die Forschenden daten- und erfahrungsbasierte Methoden. Auf diese Weise können sie aus einem Portfolio von Einzelapparaten ermitteln, wie sich diese bestmöglich für gegebene Synthese- und Trennaufgaben verschalten lassen. Der Praxistest soll insbesondere den Mehrwert der Modelle demonstrieren und herauskristallisieren, welche neuen Geschäftsmodelle sich auf den Erkenntnissen aufbauen lassen.
Neben den Projektpartnern und Industrieunternehmen bietet das DiKey-Team auch weiteren Expertinnen und Experten die Möglichkeit, mitzumachen. So sind während des Projekts Stakeholder-Workshops geplant, um über die Erkenntnisse zu diskutieren. Interessierte können sich dazu bereits jetzt auf der DiKey-Projekt-Webseite registrieren.