Projekt Energiepark Bad Lauchstädt
Klimafreundlich erzeugter Wasserstoff für Chemiepark
Im Reallabor der Energiewende Energiepark Bad Lauchstädt will das Projektteam mithilfe der Sektorkopplung erneuerbaren Strom energetisch und stofflich nutzbar machen. Gelingen soll das durch den Energieträger Wasserstoff. Hierzu wollen die Partner die gesamte Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff darstellen, von der Bereitstellung von Strom aus Windenergieanlagen, über die Wasserstofferzeugung und großtechnische Speicherung, den Transport über umgestellte Erdgaspipelines und die stoffliche Verwertung in der Chemieindustrie. Perspektivisch sind auch weitere Anwendungssektoren für das Reallabor-Team interessant, wie das Nutzen des Wasserstoffs für Mobilität und die Wärme- und Stromerzeugung.
Mit dem Energiepark Bad Lauchstädt will das Projektteam dazu beitragen, die Zukunftstechnologien und Vermarktungsmodelle für grünen Wasserstoff zu erproben und zur Marktreife zu bringen. Dahinter steht die langfriste Zukunftsvision, eine technologisch starke und zukunftsorientierte Wasserstoffregion in Mitteldeutschland zu etablieren.
Ziel der Projektpartner ist es, Wasserstoff im industriellen Maßstab wirtschaftlich einzusetzen und zugleich Lösungswege für die Dekarbonisierung der Chemieindustrie zu erproben. Damit will das Forschungsteam dazu beitragen, in der Strukturwandelregion im mitteldeutschen Chemiedreieck im Süden Sachsen-Anhalts lokale Wertschöpfung zu erhalten, Arbeitsplätze in Zukunftsfeldern zu schaffen und Lösungswege für die Modernisierung der Energieversorgungsinfrastruktur aufzuzeigen.
Modell für Strukturwandelregionen
Das Reallabor der Energiewende Energiepark Bad Lauchstädt soll als großtechnisches Power-to-Gas-Projekt zugleich als Modell für andere Regionen in Deutschland und weltweit dienen. Obwohl das Projekt erst im September 2021 gestartet ist, ist das Interesse an den Arbeiten schon vorhanden. „Wir merken bereits jetzt, dass das Reallabor eine große internationale Strahlkraft hat. Denn auch wenn wir hier besondere Gegebenheiten haben, wie die räumliche Nähe der Salzkavernen als Zwischenspeicher und zum Chemiepark Leuna als ein Abnehmer für den Wasserstoff, so ist die Grundfragestellung des Energiepark Bad Lauchstädt, wie der Strukturwandel hin zu einer nachhaltigen Industrie und dem Erhalt von Wertschöpfung, Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen gelingen kann. Eine große Herausforderung, die sich viele Regionen weltweit aktuell stellen“, erklärt Projektleiterin Cornelia Müller-Pagel von der VNG. Das Unternehmen koordiniert das Reallabor der Energiewende. An dem Vorhaben sind insgesamt sechs Partner beteiligt. Es vereint Experten aus Windindustrie, Gasinfrastruktur, Mobilität, Chemie und Forschung.
Entlastung für das Stromnetz
Das Reallabor der Energiewende koppelt erstmals einen 40-Megawatt-Windpark direkt mit einer Großelektrolyseanlage. Der Windpak ist nicht Bestandteil des geförderten Projekts. Er entsteht jedoch in unmittelbarer Nähe der Elektrolyse und wird den erneuerbaren Strom für die Wasserstoffproduktion innerhalb des Projekts bereitstellen. Windpark und Elektrolyse sind elektrisch direkt miteinander verbunden und bilden ein eigenes Arealnetz. Dieses ist über ein Umspannwerk mit dem Hochspannungsnetz verbunden und dadurch in der Lage, dieses zu stützen und verschiedene Netzdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Windpark und Elektrolyseanlage werden bis 2024 in Betrieb genommen und im Zusammenspiel erprobt.
Die Elektrolyseanlage für die Wasserstofferzeugung ist mit 30 Megawatt in einer systemrelevanten Größe und aktuell eine der größten geplanten Anlage dieser Art. Pro Jahr will das Team auf diese Weise rund 27 Millionen Kubikmeter Wasserstoff erzeugen. Ziel ist es, mehr als 80 Prozent des möglichen Ertrags der acht Windenergieanlagen in Wasserstoff umzuwandeln. Perspektivisch schwebt den Fachleuten nach dem Jahr 2030 eine Erweiterung des Systems auf 200 Megawatt vor.
Salzkaverne als Wasserstoffspeicher
Regenerativ erzeugte Energie zu speichern ist eine zentrale Herausforderung der Energiewende. Mit dem unterirdischen Wasserstoffspeicher wollen die Fachleute des Energieparks Bad Lauchstädt eine Lösung erproben. So soll trotz schwankender Stromerzeugung des Windparks mithilfe des Speichers eine bedarfsgerechte Belieferung mit grünem Wasserstoff garantiert werden. Hierzu soll eine Salzkaverne genutzt werden, die entsprechend dafür technisch ausgestattet wird. So werden für diesen Speicher unterirdisch die notwendigen Vorbereitungen getroffen, um ihn im Anschluss in den Energiepark einzubinden.
In dem vor Ort angesiedelten Salzkavernenfeld werden derzeit bereits 17 Kavernen für die Erdgasspeicherung genutzt. Perspektivisch wären auch diese umrüstbar, sodass dort in Zukunft Wasserstoff in weiteren Kavernen speicherbar wäre. Damit wäre der Zwischenspeicher skalierbar.
Die für die spätere Wasserstoffspeicherung vorgesehene Kaverne fasst die doppelte Jahresproduktionsleistung der Elektrolyseanlage. Das entspricht vom Volumen in etwa zweimal dem nur 70 Kilometer entfernt liegenden Leipziger Völkerschlachtdenkmal. Durch Zwischenspeicher kann Wasserstoff dazu beitragen, die witterungsbedingten Leistungsschwankungen erneuerbarer Energieanlagen auszugleichen.
Nutzungsperspektive für Erdgasinfrastruktur
Ein weiteres Ziel der Projektpartner ist zu zeigen, dass die bereits vorhandene Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff umgestellt werden und somit auch im Rahmen der Energiewende weiter genutzt werden kann. Das Gas soll innerhalb des Reallabors über eine aktuell noch mit Erdgas betriebene Transportleitung an den Chemiepark Leuna geliefert und dort weiterverwertet werden. Damit will das Projektteam eine intelligente und volkswirtschaftlich effiziente Integration von Wasserstoff in das Energieversorgungssystem demonstrieren.
Herausforderung für Markthochlauf
Damit das Wasserstoff-Versorgungssystem später einmal wirtschaftlich bestehen kann, sind einige Hürden zu überwinden. „Eine Herausforderung sind derzeit noch die regulatorischen Rahmenbedingungen für eine spätere erfolgreiche Vermarktung des Wasserstoffs. Hinzu kommen die derzeit noch hohen Kosten für die Erzeugung. Damit ist der Preis für den produzierten Wasserstoff noch nicht wirtschaftlich“, erläutert Cornelia Müller-Pagel mit Blick auf die Zukunftsperspektive. „Wir legen innerhalb des Reallabors der Energiewende daher auch ein Augenmerk auf die Entwicklung möglicher tragender Geschäftsmodelle für Wasserstoffprodukte. Generell verfolgen wir das Ziel, dass sich das System ab 2030 am Markt tragen kann.“ Voraussetzung hierfür ist ein insgesamt erfolgreicher Wasserstoff-Markthochlauf. (ml)