Die Demonstrationsanlage Zellerfeld in Egling an der Paar in Bayern. © InES / THI
Die Demonstrationsanlage Zellerfeld in Egling an der Paar in Bayern.

Bioenergie
Biogas sorgt für stabile Netze

18.02.2019 | Aktualisiert am: 13.11.2024

Biogasanlagen können flexibel Strom und Wärme einspeisen und so Fluktuationen ausgleichen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten im Forschungsvorhaben FlexFuture eine Biogasanlagen-Steuerung zur bedarfsgerechten Stromproduktion. Die Steuerung kann strommarkt-, wärmebedarfs- und verteilnetzorientierte Fahrpläne für Blockheizkraftwerke erstellen. Diese Fahrpläne ermöglichen ein Erzeugungs- und Netzengpassmanagement, das auch die Gesamteffizienz der Biogasanlage immer im Blick behält. An der Biogasanlage Zellerfeld konnte erfolgreich nachgewiesen werden, dass Engpässe und Überlastungen im Stromnetz vermieden werden können, wenn Photovoltaik- und Biogasanlagen aufeinander abgestimmt Strom einspeisen.

Projektkontext

Der steigende Anteil erneuerbarer, fluktuierender Energieerzeuger, wie Windkraft und Photovoltaik, bringt die Verteil- und Übertragungsnetze bereits heute an die Grenzen der physikalischen Leistungsfähigkeit. Vor allem die Anforderungen an Verteilnetze hinsichtlich Betrieb und Schutzmechanismen werden zunehmend komplexer. Daher muss man zukünftig, vor allem in diesen Netzen, mit Engpässen rechnen. Den Herausforderungen begegnen die Betreiber mit Lastausgleich, dem Kappen von Lastspitzen, dem Netzausbau und dem Einsatz von Stromspeichern. Diese Maßnahmen sind sowohl planungs- als auch kostenintensiv. Eine vielversprechende Alternative bietet die an die lokalen Bedürfnisse der Verteilnetze angepasste regelbare, dezentrale Stromerzeugung durch Biogasanlagen.

Forschungsfokus

Biogasanlagen können ihre Stromproduktion in Zeiten niedriger Residuallast reduzieren und Stromerzeugungskapazitäten in Zeiten mit geringer Einspeisung aus fluktuierenden Stromerzeugern bereitstellen. Dabei bleibt während des bedarfsorientierten Betriebs die in Summe erzeugte Strommenge der Biogasanlage im Vergleich zu einer Biogasanlage im kontinuierlichen Betrieb konstant. Bislang orientieren sich Fahrpläne für Biogasanlagen im Wesentlichen an den Strompreisen.

Ziel einer bedarfsgerechten Steuerung ist, regional die tagesaktuellen und maximalen Einspeiseprofile von angrenzenden Photovoltaikanlagen zu berücksichtigen. Am Netzverknüpfungspunkt (NVP) Zellerfeld, mit einer Kapazität von 5.000 Kilowatt elektrisch, sind die Biogasanlage Zellerfeld und die Photovoltaik-Freiflächenanlage Wolfsgrube mit insgesamt 6.438 Kilowatt elektrischer Einspeiseleistung angeschlossen. Damit übersteigt die Einspeiseleistung der beiden Anlagen an sonnigen Tagen die wechselstromseitige Leistungsschaltergrenze des Mittelspannungsverteilnetzes. In diesem Fall werden alle Anlagen vom Stromnetz getrennt. Verantwortlich dafür ist die Leistungsbegrenzung am NVP.

Im Laufe des Vorhabens erarbeiteten die Forscherteams mit Unterstützung der BGA Zellerfeld und der Lechwerke Verteilnetz Steuerungskonzepte für den Betrieb von Biogasanlagen. Diese unterstützen das Verteilnetz, um kurzfristige Schwankungen im Stromnetz über die regelbare Stromproduktion der Biogas-Blockheizkraftwerke auszugleichen. Hierbei werden tagesaktuelle Wetter- und Einstrahlungsprognosen genutzt.

Innovation

Die flexible Betriebsweise von Biogasanlagen in Abhängigkeit vom Stromnetz stellt ein Novum dar. Herzstück der Steuerung bildet die Steuereinheit. Neben dem tagesaktuellen Strompreis der europäischen Strombörse EPEX SPOT SE, berücksichtigt die Steuereinheit Wetter- und Einstrahlungsprognosen und die daraus resultierende maximal mögliche PV-Einspeiseleistung in das lokale Netz sowie den aktuellen Biogasspeicherfüllstand der Biogasanlage. Das übergeordnete Ziel, den Umsatz für den Biogasanlagenbetreiber zu maximieren, findet Eingang in die zu erstellenden 32-Stunden-Fahrpläne für die Blockheizkraftwerke.

Als Nebenbedingungen bezieht das System weitere Parameter wie Leistungsfähigkeit der Blockheizkraftwerke sowie den internen (Biogasanlage) und externen (Nahwärmenetz) Wärmebedarf ein. So kann trotz eines netzdienlichen Betriebs des Blockheizkraftwerks gleichzeitig der Umsatz für den Biogasanlagenbetreiber maximiert werden.

Parameter der verteilnetzorientierten Steuerung.

Ergebnisse

„Wir haben im Realbetrieb an der Biogasanlage Zellerfeld in Bayern gezeigt, dass durch eine intelligente Anlagensteuerung Stromspitzen in der Einspeisung erneuerbaren Stroms vermieden werden können“, erklärt Prof. Wilfried Zörner, Projektleiter am Institut für neue Energie-Systeme an der Technischen Hochschule Ingolstadt. Die entwickelten Fahrpläne für die Steuerung der Biogasanlage berücksichtigen die regionalen Anforderungen des Stromnetzes und ermöglichen so eine netzdienliche Betriebsweise. Damit ist es möglich, größere Anteile fluktuierender erneuerbarer Energieerzeuger in das Verteilnetz zu integrieren.

Das Monitoring der Testanlage, der Biogasanlage Zellerfeld, lässt eine wirtschaftliche Bewertung im konkreten Falle zu und zeigt das Potenzial der Steuerung auch für eine breite Anwendung auf.

Optimierter Tageslastgang eines Verteilnetzes.

Praxistransfer

Die entwickelte, steuerbare Stromerzeugung mit Biogasanlagen begünstigt, zusätzlich zur Netzstützung und –entlastung, die zunehmende Substitution der Strommenge aus fossilen Energieträgern. Die Technik kann nicht nur auf die in Deutschland in Betrieb befindlichen Biogasanlagen übertragen werden, sondern ebenfalls mit geringem Aufwand in allen Anlagen mit flexibel betreibbaren Blockheizkraftwerken eingesetzt werden. Hier eignen sich Biomasseheizkraftwerke, Klärgasanlagen sowie Erdgas-Blockheizkraftwerke.