
Sektorkopplung für die Energiewende
Norddeutsches Reallabor zieht positive Zwischenbilanz
Die Energieversorgung der Industrie zukunftsfähig machen und auf Grünstrom umstellen: Die Partner der länderübergreifenden Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben im ersten Jahr der Projektlaufzeit wichtige Schritte unternommen, um dieses Ziel zu erreichen.
25 Teilprojekte sind seit April 2021 gestartet. Davon sind 22 Demonstrationsanlagen, die zwischen Ende 2023 und Anfang 2025 in Betrieb gehen werden. Im Mittelpunkt steht die industrielle Transformation: Durch die Dekarbonisierung energieintensiver Produktionsverfahren wollen die Unternehmen schneller wegkommen von Strom aus fossilen Energiequellen.
Dabei sind die Fachleute vorangekommen: Um grünen Wasserstoff zu produzieren, sind im Norddeutschen Reallabor (NRL) acht Elektrolyseure mit einer Erzeugungskapazität von insgesamt 42 Megawatt (MW) vorgesehen. Die größte Elektrolyseanlage (25 MW) wird im Hamburger Hafen von dem Netzbetreiber HanseWerk realisiert.
Außerdem erproben die Beteiligten, wie grüner Wasserstoff und dessen Folgeprodukte fossile Energieträger wie Erdgas in komplexen industriellen Prozessen ersetzen können: Erste Versuche des Unternehmens Aurubis zeigen, dass bei der Kupferherstellung große Mengen CO2 eingespart werden können.
Den Industriestandort Norddeutschland stärken
Des Weiteren werden im Rahmen des NRL drei Projekte umgesetzt, die die Defossilisierung des Wärmesektors beschleunigen. Die Hamburger Energiewerke testen zum Beispiel, wie in den Sommermonaten nicht benötigte Abwärme (etwa von Aurubis) in einem unterirdischen Aquiferspeicher für die Wärmeversorgung in den Wintermonaten gespeichert werden kann.
Auch den Mobilitätssektor berücksichtigen die Forschenden: Sie testen rund 200 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge – von Abfallsammelfahrzeugen der Stadtreinigung Hamburg über die Linienbusse der Hochbahn bis zu Gepäcktransportfahrzeugen des Hamburger Flughafens. Dabei entwickeln die Expertinnen und Experten passende Betankungskonzepte.
Für ein zukunftsfähiges Energiesystem sollten Forschungsteams und politische Entscheidungsträger noch stärker zusammenarbeiten, sagt Verbundkoordinator Prof. Werner Beba: „Die aktuelle Krise zeigt uns, dass wir den Ausstieg aus fossilen Energien und den Umstieg auf klimaneutrale Technologien noch ambitionierter vorantreiben müssen. Damit sichern wir uns Unabhängigkeit und Zukunftsmärkte. Die Unternehmen brauchen dafür aber ein stabiles Fundament: Anreizsysteme und Sicherheit für privatwirtschaftliche Investitionen, einen adäquaten Marktrahmen durch regulatorische Bedingungen, die neue Technologien nicht benachteiligen, sondern fördern, sowie die Schaffung gesellschaftlichen Rückhalts.“ (kkl)