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Statt Benzin soll in der Modellregion des Norddeutschen Reallabors Wasserstoff als nachhaltiger Treibstoff für Fahrzeuge eingesetzt werden. © Foto von Nicholas Doherty zu finden auf unsplash.com
Statt Benzin soll in der Modellregion des Norddeutschen Reallabors Wasserstoff als nachhaltiger Treibstoff für Fahrzeuge eingesetzt werden.

Projekt Norddeutsches Reallabor
Allianz für die Energiewende mit Wasserstoff

01.04.2021 | Aktualisiert am: 21.11.2025

Im Norddeutschen Reallabor arbeiten Fachleute in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern daran, Wasserstoff in der Industrie für eine nachhaltige Energieversorgung einzusetzen. Die Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sehen sich als starke Energiewende-Allianz.

Hohe Erzeugungskapazitäten bei Windstrom, unterirdische Speichermöglichkeiten, Seehäfen als Logistik- und Wirtschaftszentren, Industriezweige mit langer Erfahrung und wissenschaftliche Expertise – Norddeutschland bietet zahlreiche Standortvorteile für einen erfolgreichen Wasserstoffhochlauf. Dennoch sehen sich Wirtschaft, Forschung und Politik großen Herausforderungen der Region gegenüber.

Die Deutsche Wasserstoffstrategie setzt das Ziel, bis 2030 zehn Gigawatt heimische Elektrolysekapazität aufzubauen und die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserstoffwirtschaft regional zu verankern. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) innerhalb des Schwerpunkts „Reallabore der Energiewende“ innerhalb des Energieforschungsprogramms treibt das Norddeutsche Reallabor dieses Vorhaben seit 2021 mit voran und unterstützt dabei auch die Norddeutsche Wasserstoffstrategie.

Die Projektpartner stammen aus allen Bereichen der Energiebranche: Strom, Verkehr, Wärme und Industrie. Sie bilden die Wertschöpfungskette komplett ab – von der Energieerzeugung über die Verteilung und die Speicherung bis zum Verbrauch. Die Schwerpunkte des Verbundvorhabens, das vom Competence Center für Erneuerbare Energien & EnergieEffizienz der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg koordiniert wird, liegen auf zwei Technologiebereichen: der Sektorkopplung mit Schwerpunkt Wasserstoff und auf Quartierslösungen im Wärmebereich.

Erproben von Innovationen innerhalb der Reallabore der Energiewende soll auch wirtschaftliche Impulse setzen

Das Ziel der Fachleute: Innovative neue Ideen großflächig, technologieoffen sowie markt- und realitätsnah in einem gesamtsystematischen Ansatz untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen auf andere Anwendungsfälle übertragbar sein und so wirtschaftliche Impulse in der Region auslösen.

Politik erarbeiten neue Wege, um mithilfe von Wasserstoff und Sektorkopplungstechnologien einen Beitrag zu einem künftigen klimaneutralen Energiesystem zu leisten. Mit mehreren Referenzanlagen sollen sukzessive relevante Verbrauchsbereiche in der Industrie, der Wärmeversorgung und dem Mobilitätssektor defossilisiert werden. Die Elektrolyseure des Norddeutschen Reallabors haben eine Wasserstoff-Erzeugungskapazität von etwa 15Megawatt. Durch sie sollen fossile Energieträger in industriellen Prozessen durch Wasserstoff und dessen Derivate ersetzt werden.

Die Projektpartner des Norddeutschen Reallabors können dabei auf das Netzwerk aus Demonstratoren, Infrastruktur und Systemkompetenz des Projekts NEW 4.0 (Norddeutsche Energiewende 4.0) zurückgreifen. NEW 4.0 war eines von fünf sogenannten Schaufenstern (Modellregionen) des inzwischen abgeschlossenen Förderprogramms SINTEG (Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende) des Bundeswirtschaftsministeriums.

Energieträger für die Industrie

Das mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien erzeugte Gas soll vor allem in der Industrie als Energieträger eingesetzt werden. Um den CO2-Ausstoß von Industrieprozessen zu senken, soll unvermeidbares Kohlenstoffdioxid im Sinne einer Kreislaufwirtschaft weiterverarbeitet werden.

Um die Wärmewende voranzubringen, wollen die Projektpartner die Abwärme einer Müllverbrennungs- sowie einer Industrieanlage nutzen, um sie in eine vorhandene Fernwärmeleitung einzuspeisen. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Wirtschaftsbereiche im Rahmen der Sektorkopplung, sollen So soll Wasserstoff dazu beitragen, das Erreichen der Klimaziele zu unterstützen und ein Transformationspfad für ein integriertes Energiesystem erprobt werden.

Stimmungsbild – Studie zur Energiewende und Akzeptanz von Wasserstoff

Gelingt die Energiewende oder nicht? Das haben die Projektpartner des Norddeutschen Reallabors 3.262 Menschen in der beteiligten Küsten-Modellregion gefragt. Die im Juli 2022 veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Bürgerinnen und Bürger sind skeptisch, was die Machbarkeit angeht. Aber immer mehr sind der Ansicht, dass die Energiewende dringend vorangebracht werden muss. Ein weiteres Ergebnis: Die Befragten empfinden die Energiewendeziele mit persönlich spürbaren Auswirkungen wichtiger als Ziele, die das Gemeinwohl betreffen. So nennt eine große Mehrheit (knapp 90 Prozent) Versorgungssicherheit als (sehr) wichtiges Ziel der Energiewende, als zweitwichtigstes Ziel wird eine Senkung der Energiekosten (85 Prozent) angesehen.

Weitere Details und Ergebnisse der Studie finden Sie hier: „Transformation & Gesellschaft: Ein Stimmungsbild – Studie zur Energiewende und der Akzeptanz von Wasserstoff“

Außerdem erproben die Beteiligten, wie grüner Wasserstoff und dessen Folgeprodukte fossile Energieträger wie Erdgas in komplexen industriellen Prozessen ersetzen können: Erste Versuche des Unternehmens Aurubis zeigten, dass bei der Kupferherstellung gro-ße Mengen CO2 eingespart werden können.

Den Industriestandort Norddeutschland stärken

Auch den Mobilitätssektor berücksichtigen die Forschenden: Sie testen rund 200 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge – von Abfallsammelfahrzeugen der Stadtreinigung Hamburg über die Linienbusse der Hochbahn bis zu Gepäcktransportfahrzeugen des Hamburger Flughafens. Dabei entwickeln die Expertinnen und Experten passende Betankungskonzepte. (kkl/uj)

Wissenschaftliche Befragung: Wie die Transformation des Energiesystems gelingen kann

Was muss passieren, damit der Wandel des Energiesystems ein Erfolg für alle wird? Wo liegen die Treiber für die industrielle Transformation? Welche Hemmnisse müssen beseitigt werden? Zu diesen und weiteren Fragen haben 32 Expertinnen und Experten aus dem Energiewende-Großprojekt Norddeutsches Reallabor (NRL) 2022 ihre Einschätzungen geliefert.

Interviewt wurden Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und von Behörden. Zusammenfassend zeigen sich laut den Studienverantwortlichen drei wesentliche Punkte, um Transformationsprozesse im Energiesystem zu beschleunigen:

  1. Regulatorische Rahmenbedingungen (etwa Reform der Abgaben und Umlagen im Energiemarkt)
  2. Wirtschaftlichkeit und
  3. finanzielle Förderung.

Dieser Dreiklang werde „als zentrale Größe für einen erfolgreichen Markthochlauf von wasserstoffbasierten Sektorenkopplungstechnologien gesehen – und aktuell auch als die größte Hürde“, sagt Studienautorin Pia Arndt.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Interviews, die Forschende des Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg führten, finden Sie hier: „Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Einflussgrößen für eine gelingende Transformation des Energiesystems“

Förderung

Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Projekt Norddeutsches Reallabor im Forschungsbereich „Weitere Maßnahmen“ innerhalb des Schwerpunkts „Reallabore der Energiewende“. Den Rahmen dafür bildet das 7. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.