Perowskit/Silizium-Tandemsolarzelle auf PERC/POLO Unterzelle, hergestellt im Projekt P3T in Kooperation von HZB (Perowskit-Zelle) und ISFH (Silizium-Zelle). © Eike Köhnen | Helmholtz-Zentrum Berlin
Perowskit/Silizium-Tandemsolarzelle auf PERC/POLO Unterzelle, hergestellt im Projekt P3T in Kooperation von HZB (Perowskit-Zelle) und ISFH (Silizium-Zelle).

Photovoltaik
Photovoltaik-Tandem-Technologie: Materialien effizient kombiniert

Lars Korte Mission Stromwende 2045

12.12.2023 | Aktualisiert am: 20.11.2024

DR. LARS KORTE IM INTERVIEW

Tandemsolarzellen setzen sich aus übereinander geschichteten Solarzellen zusammen, die wiederum aus verschiedenen Materialien bestehen. Im Vergleich zu Einfachsolarzellen können durch diese Kombination höhere Wirkungsrade erzielt werden, da sie ein größeres Spektrum des Sonnenlichts absorbieren. Für Dr. Lars Korte gehören Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen zur aktuell spannendsten Photovoltaik-Technologie. Das in diesem Jahr abgeschlossene Projekt „P3T – Perowskit-POLO-PERC Tandemsolarzellen und -module“ hat er geleitet. Im Interview berichtet er über die erzielten Forschungsergebnisse und erklärt, was die Perowskit-Silizium-Tandem-Technologie so interessant macht.

Herr Korte, wie ist das Projekt P3T zustande gekommen?

Wir haben die Projektidee zusammen mit dem Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) entwickelt. Dort liegt die Expertise für die Silizium-Unterzelle in unserem Perowskit-Silizium-Tandem. Das ISFH entwickelt seit mehr als zehn Jahren die beiden Kontakt-Technologien, die in der Silizium-Zelle angewendet werden (POLO und PERC). Wir am HZB forschen seit 2013 an Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen. Es war sehr naheliegend, diese beiden komplementären Expertisen miteinander zu verbinden, um das Thema „Tandems“ auf dem Silizium-Bottomzell-Typ anzugehen, der heute den Photovoltaik-Markt für hocheffiziente Module dominiert.

Welchen Herausforderungen stand das Wissenschaftsteam gegenüber? Was waren die Forschungsschwerpunkte der Projektpartner?

Bei uns im HZB lag der Fokus darauf, unsere besten Perowskit-Topzell-Technologien, die wir parallel mit unserer eigenen Bottomzell-Technologie (Silizium-Heterojunction) weiterentwickelt haben, auf die ungewohnte PERC/POLO-Bottomzelle zu setzen. Dabei gab es einige erwartete Herausforderungen, zum Beispiel, welcher Schichtstapel sich am besten als Kontakt zum Silizium eignet, und einige unerwartete. Beispielsweise war die Rauheit der Silizium-Oberfläche zunächst ein Problem für den Perowskit-Zell-Prozess. Das haben wir aber in den Griff bekommen.

Die Projektpartner der Universität Potsdam haben an alternativen Kontaktmaterialien gearbeitet und zu orts- und zeitaufgelöster Analytik beigetragen. Sie haben Antworten auf Fragen wie „Wo sind Defekte im Bauelement zu finden?“ oder „Wie wirken sich die mobilen Ionen im Perowskit auf die Stabilität aus?“ geliefert. Darüber hinaus haben sich das ISFH und die Industriepartner Oxford PV sowie RENA wesentlich um die Skalierung gekümmert. Und WaveLabs hat erfolgreich neue Tandem-relevante Messverfahren in ihre LED-Sonnensimulatoren implementiert.

Was sind die Besonderheiten der im Projekt entwickelten Perowskit-Tandemsolarzellen?

Die Besonderheit ist, dass wir erstmals die PERC-POLO-Silizium-Zellen als Unterzellen in Perowskit-Silizium-Tandems einsetzen und dabei relevante Effizienzen zeigen konnten. Unsere beste Zelle dieses Typs, die wir in P3T auf den vom ISFH hergestellten Bottom-Zellen produziert haben, erreicht eine Effizienz von 28,95 Prozent unter Laborbedingungen.

Welche weiteren zentralen Ergebnisse sind aus der Forschungsarbeit in P3T hervorgegangen?

Hinter P3T stand die Projektidee, eine Tandemzellen-Technologie zu entwickeln, die auf PERC/POLO-Silizium-Unterzellen basiert, wobei die Perowskit-Topzell-Prozesse als Erweiterung zum bestehenden, in der Industrie genutzten PERC/POLO-Prozess funktionieren. In P3T haben wir auf solchen Unterzellen erstmalig Perowskit-Silizium-Tandemzellen mit Effizienzen demonstrieren können, die konkurrenzfähig sind. Basierend auf den beiden im Projekt realisierten Generationen an Zellen kann für zukünftige Wirkungsgrade ein Potenzial von über 31 Prozent abgeschätzt werden. Bezieht man daneben noch Optimierungen der Optik und der Perowskit-Passivierung mit ein, scheint eine Tandem-Effizienz von etwa 33 Prozent eine realistische Grenze zu sein, die dieses Bauelement-Konzept erreichen kann. Verglichen mit dem für Heterojunction-Zellen bereits gezeigten Wert von 33,7 Prozent erscheint dies zunächst gering. Durch die geringeren Kosten der PERC/POLO-Technologie wird dieser scheinbare Nachteil jedoch überkompensiert.

Welche Erkenntnisse haben Sie bezüglich der im Projekt untersuchten Herstellungsverfahren gewonnen?

Wir haben zum Projektende noch Perowskit/PERC/POLO-Tandems mit im Vakuum koverdampften Perowskit-Schichten hergestellt. Hierbei wurden zwar nur bescheidene Wirkungsgrade von maximal 20 Prozent erzielt – dies lag an einem fehlerhaften Prozessschritt bei der Produktion der Perowskit-Topzelle. Dennoch zeigte die Analyse der Tandem-Parameter, dass der Vakuum-Koverdampfungsprozess mit der PERC/POLO-Unterzelle sowohl kompatibel als auch für diese unschädlich ist. So konnten wir demonstrieren, dass die für den industriellen Maßstab skalierbare Koverdampfungstechnologie auf PERC/POLO-Bottom-Zellen eingesetzt werden kann.

Welche Rolle spielen die Projektergebnisse grundsätzlich für industrielle Produktionsprozesse?

Das ist naturgemäß eine Frage, die die Industriepartner besser beantworten könnten als ich. Aus meiner Sicht ist es für die Industrie entscheidend, dass die Möglichkeit gezeigt wurde, auf dem genannten Effizienz-Niveau Tandems auf PERC/POLO-Basis zu bauen. Das heißt, es gibt keine prinzipiellen „Showstopper“. Es bleibt abzuwarten, ob für die Tandem-Technologie entscheidender ist, dass trotzdem noch auf Silizium-Heterojunction-Solarzellen die höchsten Tandem-Effizienzen erreicht werden oder dass PERC und POLO die dominanten PV-Technologien sind. Jedenfalls haben wir einen sehr wichtigen Beitrag geliefert, um hier eine gewisse Technologieoffenheit zu zeigen.

Die Frage, welche Produktionsprozesse für diese Tandems die geeignetsten sind, haben wir in P3T nicht beantwortet – das war auch nicht das Ziel. Wir haben aber viele Hinweise, etwa auf die weiter zu untersuchenden Fragen des Vakuum-Koverdampfens für die Perowskite, gefunden.

P3T schließt an das Projekt PersiST an, das Ende 2019 abgeschlossen wurde. Wir ordnen Sie den jetzt erzielten Forschungsfortschritt aufbauend auf dem Vorgängerprojekt ein?

In PersiST haben wir viele Grundlagen für P3T gelegt, dabei aber ausschließlich auf Silizium-Heterojunction-Bottom-Zellen gearbeitet. Der größte Fortschritt von PersiST zu P3T ist meines Erachtens, dass wir gezeigt haben, dass die Tandem-Technologie auch auf dem „Mainstream“ der heutigen Photovoltaik, nämlich POLO/PERC, exzellent funktioniert.

Worin sehen Sie die nächsten wichtigen Entwicklungsschritte für Perowskit-Tandemsolarzellen?

Wir haben in P3T viele der angestrebten Ziele erreicht. Einige, vor allem in der Skalierung der Prozesse auf große Flächen, aber auch noch nicht. Das sind weiterhin Themen – nicht nur für uns, sondern global für die Tandem-Forschungscommunity. Hinsichtlich der Skalierung wird sich in den nächsten Jahren zeigen müssen, welche Technologie die geeignetste ist, um Perowskit-Zellen auf Silizium-Bottomzellen zu skalieren. Dies muss nicht notwendigerweise die gleiche sein wie für Perowskit-Einzelzellen.

Was die Stabilität betrifft, müssen wir zumindest für den Großanlagen- und Aufdachanlagen-Markt unbedingt zeigen, dass die Perowskit-Zellen, einzeln und im Tandem, langzeitstabil sind. Das ist der wichtigste Punkt für die Kostenperspektive und damit für die Finanzierbarkeit – Stichwort Investoren.

Welche weiteren Forschungsziele verfolgen Sie nun?

Für uns als Gruppe steht weiterhin das Vakuum-Verdampfen als skalierbare Technologie im Fokus. Parallel haben wir sehr gute Erfolge mit dem Verfahren der Schlitzdüsen-Beschichtung erzielt. Mit beiden Technologien werden wir weiter an den genannten Themen arbeiten. Dazu werden wir unter anderem materialwissenschaftliche Aspekte wie alternative Kontaktmaterialien oder Additive in Perowskiten und an den Grenzflächen zu den Kontakten weiterverfolgen.

Gibt es darüber hinaus für Sie noch wichtige Forschungsthemen?

Ein weiteres wichtiges Forschungsthema ist die Entwicklung von langzeitstabilen Perowskit-Solarzellen. Sehr hohe Perowskit-Zell-Effizienzen sind mittlerweile mehrfach gezeigt, aber der Beweis, dass solche Zellen auch 30 Jahre lang im Außeneinsatz „überleben“ können, steht noch aus. Hier können wir mit unseren ausgefeilten materialwissenschaftlichen Methoden viele Beiträge zum Verständnis der Degradationsmechanismen liefern. Auf dieser Grundlage wollen wir optimierte Materialien und Perowskit-Zell-Schichtstapel entwickeln. Außerdem arbeiten wir verstärkt an geeigneten Verkapselungstechnologien, die in Perowskit-basierten PV-Modulen eingesetzt werden können.

Überdies ist ein zentrales Thema, das wir hier aber nur begleiten können, der Einsatz von kritischen Rohmaterialien wie Indium und Silber in einer Photovoltaik-Industrie im Terawatt-Maßstab: In dieser Hinsicht ist PERC/POLO besser aufgestellt als Silizium-Heterojunction. Letztere setzen – zumindest mit aktuellen Technologien – relativ viel Indium und Silber ein.

Das Interview führte Andreas Viehof, Wissenschaftsjournalist beim Projektträger Jülich.