Informationen zur Forschungsmission Stromwende 2045 des Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ©LIGHTFIELD STUDIOS - stock.adobe.com

Mission Stromwende 2045

„Wir schaffen mit Innovationen eine sichere, klimaneutrale und bezahlbare Stromversorgung aus erneuerbaren Energien.“

Bis 2030 wird der Strombedarf durch elektrische Innovationen im Verkehr, beim Heizen und bei Industrieprozessen deutlich zunehmen. 80 Prozent des Stroms sollen zu diesem Zeitpunkt aus erneuerbaren Energiequellen stammen – statt aktuell knapp die Hälfte. Ein ambitioniertes Ziel. Denn Haushalte, Industrieunternehmen und andere Akteure müssen bedarfsgerecht mit bezahlbaren und umweltfreundlichen Strom versorgt werden. Die Energieeffizienz in allen Bereichen zu steigern, wirkt dem zunehmendem Bedarf entgegen, reicht aber nicht aus. Daher muss der Ausbau von erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen deutlich beschleunigt und langfristig auf hohem Niveau fortgesetzt werden. Der Fokus liegt hierbei vor allem auf dem Nutzen von Wind- und Sonnenenergie.

Windparks und Photovoltaikanlagen produzieren Strom witterungsbedingt. Dies stellt neue Anforderungen an die Netze. Schon heute speisen viele Tausend dezentrale Anlagen zu unterschiedlichen Zeiten elektrische Energie ein, Tendenz steigend. Hierfür muss das Stromnetz weiter ausgebaut, digitalisiert und zudem sicher gegen mögliche Cyberangriffe oder Wetterextreme aufgrund des Klimawandels ausgelegt werden. Darüber hinaus gilt es, die vielen dezentralen Stromerzeuger und –verbraucher, etwa durch Smart-Meter-Technologie, effizient und intelligent zu vernetzen. Die Stromwende trägt insgesamt entscheidend dazu bei, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, muss der Ausbau der umweltfreundlichen Energieerzeugungsanlagen deutlich beschleunigt und langfristig auf hohem Niveau fortgesetzt werden. Windparks und Photovoltaikanlagen werden auch in Zukunft den Großteil an Strom produzieren. Darüber hinaus tragen weitere erneuerbare Energiequellen wie Wasserkraft oder Biomasse zu einer resilienten und verlässlichen Stromversorgung bei.

1.1 Effizienz bei der Stromproduktion steigern und Kosten senken

Um den Bedarf an Strom zu decken und die Stromkosten zu senken, werden leistungsstärkere, zuverlässigere und wartungsärmere Anlagen mit längerer Lebensdauer gebraucht. Mithilfe der Energieforschung sollen Komponenten und Systeme automatisiert gefertigt und standardisierte Anlagetypen entwickelt werden. Digitale Methoden und neue Verfahren der Zustandsüberwachung sollen den Betrieb optimieren, die Betriebs- und Wartungskosten der Anlagen senken und die Versorgungssicherheit steigern.

1.2 Technologien zur Diversifizierung der Stromproduktion weiterentwickeln

Der Einsatz unterschiedlicher Technologien und Energiequellen trägt maßgeblich zur Widerstandskraft eines Energiesystems bei. Um die witterungsabhängige Stromproduktion aus Wind- und Solarenergie zu ergänzen, sollen unter anderem synthetische oder biogene Brennstoffe in flexiblen Kraftwerken verschiedener Leistungsklassen genutzt werden. Auch die Kombination mehrerer erneuerbarer Energiequellen und Speichertechnologien ist eine Option.

1.3 Nachhaltigkeit und Akzeptanz für Erneuerbare-Energie-Anlagen verbessern

Für eine erfolgreiche Stromwende ist gesellschaftliche Akzeptanz notwendig. Das Thema Nachhaltigkeit spielt hierbei eine große Rolle. So muss bei allen erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen über den gesamten Lebenszyklus hinweg Material und Ressourcen möglichst effizient genutzt und CO2-Emissionen bei Produktion, Betrieb und Rückbau deutlich reduziert werden.

Das Stromnetz muss vielfältigen Anforderungen gerecht werden und weiterhin Versorgungssicherheit und Systemstabilität sicherstellen. Hierfür muss das Netz zum einen ausgebaut, zum anderen digitalisiert und damit flexibilisiert werden. Nur so lassen sich volatiles Einspeisen von Strom und dessen Verbrauch durch unterschiedlichste Akteure harmonisieren.

2.1 Systemdienstleistungen durch erneuerbare Energien und Verbraucher bereitstellen

In einem dekabonisierten Energiesystem müssen auch die Systemdienstleistungen im Stromnetz klimaneutral erfolgen. Dazu gehören Netzengpass-Management, Redispatch sowie das Sichern der Spannungsqualität und der Schwarzstartfähigkeit. Hierfür sollen Konzepte und Technologien entwickelt werden, die das Zusammenspiel von Erneuerbaren-Energie-Anlagen, Stromspeichern und Verbrauchern durch neue Regelstrategien und Marktmechanismen optimieren

2.2 Netzplanung und -betrieb verbessern

Stromnetze müssen vorausschauend geplant und ausgebaut werden. Dafür sind innovative Planungstools und Datenanalysemethoden kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dabei gilt es im Sinne einer integrierten Planung, neben den Stromnetzen die Wärme- und Wasserstoffnetze sowie flexible Großverbraucher und -speicher mitzudenken.

2.3 Netzbetriebsmittel weiterentwickeln

Um eine zuverlässige Stromversorgung in einem zunehmend dezentralen und flexiblen System sicherzustellen, sind Stromrichter, regelbare Transformatoren oder leistungselektronische Komponenten weiterzuentwickeln. Um Strom über große Distanzen effizient zu übertragen, können zum Beispiel Hochspannungs-Gleichstrom (HV-DC) und Wechselstrom-Leitungen (HV-AC) eingesetzt werden.

Strom aus erneuerbaren Energien muss in Zukunft noch effizienter als bisher genutzt werden. Hierbei stellen Stromspeicher eine wichtige Option dar. Sie können das Energiesystem flexibilisieren, indem sie Strom auch in anderen Energieformen speichern. Die Speicher können darüber hinaus Lastspitzen aus Industriebetrieben oder Energieanlagen auffangen und damit unter anderem das Stromnetz stabilisieren.

3.1 Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe steigern

In Deutschland sind Großindustrie und eine Vielzahl an Mittel- und Kleinunternehmen ansässig. Neben den stromintensiven Prozessen in den großen Industrieanlagen gibt es auch in den kleineren Betrieben erhebliche Möglichkeiten, den Stromverbrauch deutlich zu reduzieren. So sollen Produktionsverfahren optimiert oder durch effizientere und klimaneutrale Verfahren ersetzt werden. Neben elektrisch betriebenen Aggregaten und Anlagen sowie deren Steuerung sind energieeffiziente Verfahren und Prozesse neu- und weiterzuentwickeln.

3.2 Stromspeichertechnologien weiterentwickeln

Elektrochemische Speicher können vielfältig eingesetzt werden. Neben den heute schon verbreiteten Lithium-Ionen-Batterien müssen Batteriesysteme mit alternativer Zellchemie entwickelt werden. Sie sollen den Einsatz knapper und teurer Materialien reduzieren. Zum Speichern großer Energiemengen über längere Zeiträume sollen unter anderem Hochtemperaturwärmespeicher und Druckluftspeicher weiter erforscht werden. Zum großskaligen und flexiblen Speichern kann elektrischer Energie auch in chemische Energieträger wie Wasserstoff umgewandelt werden.

Künftig müssen viele zusätzliche Stromverbraucher wie elektrische Fahrzeuge oder Heizsysteme in die Verteilnetze integriert werden. Hierfür sind flexible Speicher und Verbrauchsanlagen sowie eine entsprechende Digitalisierung erforderlich. Indem Marktanreize für flexible Verbraucher gesetzt werden, lassen sich die Stromnetze besser auslasten. Die Energieforschung soll hierfür relevante Technologien und deren Systemintegration bereitstellen.

4.1 Dezentrale Flexibilitätsoptionen durch Regelungskonzepte nutzen

Präzise Modelle sollen die Auswirkungen auf das Energiesystem analysieren, wenn eine große Anzahl dezentraler Anlagen in einem engen Zeitraum in das Stromnetz eingebunden wird. Zum einen sind die technischen Einflüsse von wechselrichterbasierten Anlagen auf die Stabilität der Stromnetze zu untersuchen. Zum anderen soll die Integration in die unterschiedlichen Märkte für elektrische Energie sorgfältig gestaltet werden. Ein weiterer Forschungsaspekt ist, wie dezentrale Anlagen sowie lokale und regionale Energiemanagementsysteme intelligent geregelt werden können.

4.2 Sichere und effiziente digitale Kommunikation gewährleisten

Das Smart-Meter-Gateway ist die Schlüsseltechnologie bei der Digitalisierung der Energiewende. Das Gateway macht Verbraucher zu einem aktiven Teil der Energiewende und bringt diese voran, indem es mit Elektrogeräten, Erzeugungsanlagen und dem Stromnetz kommuniziert und dabei höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt. Darin abgebildete Funktionen müssen kontinuierlich weiterentwickelt werden, um innovative Anwendungen zu ermöglichen und dabei Betriebs- und Datensicherheit zu gewährleisten.

4.3 Neue Geschäftsmodelle entwickeln

Die Teilnahme neuer dezentraler Akteure in einem zunehmend klimaneutralen Energiesystem ermöglicht innovative und nachhaltige Geschäftsmodelle. Ein wichtiges Geschäftsfeld sind messdatenbasierte Dienstleistungen, wie etwa nutzerorientierte Betriebsanpassungen und Sicherheitsservices. Durch Energiemanagement und intelligente Umrichtertechnik können elektrische Fahrzeuge, die Wärmeversorgung und andere Anlagen optimal zusammenspielen. Dies bietet Chancen für weitere Dienstleistungen.

Sprinterziele

Sprinterziele sind kurz- und mittelfristige Ziele, die innerhalb einer Forschungsmission erreicht werden sollen, um das Erreichen eines klimaneutralen und sicheren Energiesystems bis 2045 durch Energieforschung zu unterstützen.

  • Sprinterziel 1
    2030 werden hochleistungsfähige Generatoren für Windenergieanlagen der 15-MW-Klasse mit höheren Nenndrehzahlen und möglichst ohne den Einsatz kritischer Rohstoffe verfügbar sein.
  • Sprinterziel 2
    Technologiesouveränität sichern: In den kommenden fünf Jahren wird der Aufbau einer vollständigen Photovoltaik-Wertschöpfungskette in Deutschland und der EU durch intensive Begleitung durch Forschung und Entwicklung unterstützt.
  • Sprinterziel 3
    In den kommenden fünf Jahren wird der stabile Betrieb des Stromnetzes (einschließlich Speicher) in einem defossilisierten Teilsystem (Stromnetz und ggf. in Kombination mit Wärme- und Wasserstoffnetz) großflächig demonstriert werden.