Reallabor der Energiewende
SmartQuart: Energiewende im Quartiersmaßstab
Die Energiewende im Quartiersmaßstab umzusetzen und Quartiere zu einhundert Prozent mit erneuerbaren Energien zu versorgen, ist heute bereits technisch möglich. Dazu müssen die erforderlichen Anlagen auf energiesparende Technologien umgerüstet sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) integriert werden, die die verschiedenen Systeme intelligent miteinander verknüpfen. Wie das möglich ist, zeigt das Reallabor der Energiewende SmartQuart.
IKT und Smart-Grid Technologien verbessern die Netzsteuerung und automatisierung und sorgen für Sicherheit, Belastbarkeit und Betriebseffizienz. Die Integration dieser Technologien ist erforderlich, da Netz und Erzeugung zunehmend dezentral organisiert sind. Die Verteilnetzebene wird vermehrt beansprucht. Damit dieses Zusammenspiel funktioniert, ist eine systemische Betrachtungsweise erforderlich.
Da die Energie vermehrt lokal und von mehreren Einzelanlagen erzeugt wird, treten auch zusätzliche Akteure auf: Kommunen, Bürger, Gewerbe- und Industriebetriebe. Diese müssen bei Entscheidungen berücksichtigt und einbezogen werden. Neue Infrastruktur-, Geschäfts- und Partnerschaftsmodelle schaffen den hierfür erforderlichen Rahmen.
SmartQuart ist ein so genanntes Reallabor der Energiewende. Allgemein werden in diesem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Format innovative Technologien in der praktischen Anwendung unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab getestet. Die in den Projekten gesammelten Erfahrungen können Fachleute anschließend nutzen, um den tiefgreifenden Umbau des Energiesystems in Deutschland entscheidend Richtung Klimaneutralität voranzubringen.
Einzelsysteme miteinander verknüpft
Ein Ziel des Projektes ist es, die Energieflüsse in den Quartieren intelligent zu optimieren. Die lokale Energienutzung soll erhöht und gleichzeitig das überlagerte Netz durch Reduzierung der vertikalen Leistungsflüsse entlastet werden. Dazu werden Anlagen innerhalb und zwischen den Quartieren aggregiert und genutzt, das heißt es kommt zur systemischen Integration vieler Einzellösungen im Verbund. Auf diese Weise können bisher nicht ausgeschöpfte Synergien zwischen bereits existierenden Einzelanlagen genutzt werden. Einzelne Lösungen wie Pufferspeicher, Anlagen zur Sektorenkopplung, Mobilität und ein quartierinternes Lastmanagement (Demand-Side-Management) tragen ebenfalls zum Projektziel bei.
Energieflüsse digital steuern
Unterstützt wird dies unter anderem durch ein digitales Quartiersmanagement sowie durch eine zentrale Steuereinheit zur optimalen Steuerung des Quartiers. Mit softwarebasierten Optimierungsprogrammen auf dezentralen Plattformen können die Projektpartner Effizienzen im Verbundsystem, Lastverschiebungen oder Erzeugungsmanagement, in den Quartieren identifizieren. Auf diese Weise können Systemdienstleistungen für vorgelagerte Netzebenen übernommen werden.
Praxis-Check vor Ort
Im Projekt SmartQuart ist es möglich, Potentiale von EE-Technologien unter realen Bedingungen zu prüfen. Dabei können die verschiedenen Interessen der Nutzer, Kommunen, Planer und Betreiber berücksichtigt werden. So können etwa Anwender den Komfort oder den Nutzwert bewerten. Kommunen und Planer schätzen die Realisierbarkeit und das Investitions- und Planungsrisiko ein. Die Betreiber beurteilen das Geschäftsmodell und das Betreiberrisiko.
Ziel: Nachhaltige Wasserstoff-Infrastruktur
Des Weiteren wird im Rahmen von SmartQuart auf Quartiersebene in der Verbandsgemeinde Kaisersesch eine nachhaltige Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut. Dazu zählen ein wasserstoffbasiertes Microgrid mit der Demonstration der gesamten Wertschöpfungskette von regenerativer Energie in den Sektoren Wärme, Strom, Mobilität und Industrie. In Bedburg und Essen stellen Wind- und PV-Anlagen in räumlicher Nähe den erneuerbaren Strom entweder direkt zur Wärme- und Stromversorgung bereit. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Teilmengen des erzeugten Wasserstoffs mittels der neuartigen LOHC-Technologie zu transportieren oder langfristig zu speichern. Daneben verteilen reine Wasserstoff-Leitungen den Wasserstoff an Endanwender in den Sektoren Wärme, Strom und Mobilität.
Die drei Quartiere im Profil
Das Quartier ist ein energieoptimiertes Neubaugebiet. Hier geht es darum, ein bürgernahes, energieautarkes, digitales und regeneratives Energieversorgungssystem zu installieren. Zusätzlich soll es ein innovatives Nutzer- und Betreibermodell im vom Strukturwandel geprägten Rheinischen Braunkohlerevier geben. Elektrische Energie wird vor Ort im Windpark und von PV-Anlagen erzeugt, zusätzlich benötigter Residualstrom wird als „Grünstrom“ zugekauft. Zusätzlich kommen LowGWP-Wärmepumpen sowie LowEx-Netze zum Einsatz. Weitere Themen in diesem Quartier: Digitales Quartiersmanagement, Batteriespeicher sowie ein Mobilitätskonzept.
Hier soll die Dekarbonisierung und Steigerung der Eigenversorgungsquote durch Sektorenkopplung und den Aufbau einer nachhaltigen H2-Infrastruktur erreicht werden. Hierzu zählen eine H2-Tankstelle und 100%-H2-Heizgeräte. Es entsteht ein wasserstoffbasiertes Microgrid. Wind- und PV-Anlagen liefern erneuerbaren Strom zum Verbrauch oder zur Wasserstoffproduktion. Weitere Themen im Quartier: Speicherung mittels LOHC-Technologie, Versorgung eines lokalen Klärwerks mit bei der Wasserelektrolyse anfallender Abwärme.
In Essen soll ein urbanes Quartier mit einer hohen Bebauungs- und Leistungsdichte als digitales Quartier abgebildet werden. Dabei werden virtuelle und reale Gebäude digital zu einer urbanen Struktur zusammengeschlossen. Daran werden Untersuchungen und Simulationen mit Hilfe realer Gebäudedaten durchgeführt, um die Energiebedarfe aufzuzeigen und energetische Sanierungs- bzw. Dekarbonisierungskonzepte zu erarbeiten. Außerdem wird untersucht wie das digitale Quartier im systemischen Verbund agieren kann, um Einspareffekte zu erzielen. Das digitale Quartier soll demonstrieren, wie auch im hochverdichteten Raum von großen Städten und Kommunen Energie effizient genutzt und damit ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende geleistet werden kann.