Errichtung der bereits stehenden Messmasten für das Windenergietestfeld in bergigem Gelände. © WindForS
Errichtung der bereits stehenden Messmasten für das Windenergietestfeld in bergigem Gelände.

Windenergie
Weltweit erstes Windenergietestfeld in bergigem Gelände genehmigt

01.07.2020 | Aktualisiert am: 22.11.2024

Hier können Forscherinnen und Forscher die Anlagentechnik und –regelung von Windenergieanlagen für den Einsatz in komplexem Gelände optimieren.

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) errichtet im Forschungsprojekt WINSENT das weltweit erste Testfeld für Windenergieanlagen in bergig- komplexem Gelände. WINSENT steht für „Wind Science and Engineering in Complex Terrain“ und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) innerhalb des 7. Energieforschungsprogramms gefördert. Das Vorhaben hat nun eine entscheidende Hürde genommen: die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Nun können das ZSW und seine sechs Forschungspartner, zusammengeschlossen im süddeutschen Windenergie-Forschungscluster WindForS, mit der Errichtung der Forschungswindenergieanlagen und ihren Tests beginnen.

Robustere Anlagen entwickeln

Für den weiteren Ausbau der Windenergie werden windhöffige – also für die Nutzung von Windenergieanlagen geeignete – und einfach zu erreichende Standorte seltener, sodass der Ausbau vermehrt in komplexem Gelände erfolgt. Dort ist der Betrieb wesentlich anspruchsvoller: Ertragsprognosen sind aufgrund der turbulenten Strömungs- und Windverhältnisse über unregelmäßigem Gelände unsicherer. Zudem sind die mechanischen Belastungen der Windenergieanlagen und die Wartungskosten höher. Weil dies die Wirtschaftlichkeit negativ beeinflusst, wollen die Projektpartner auf dem Testgelände robustere Anlagen entwickeln, die gleichzeitig leiser, langlebiger und leistungsstärker sind. Sie sollen sich außerdem gut mit Energiespeichern koppeln lassen.

Idealer Standort mit Turbulenzen und Strömungen

Das Windenergietestfeld liegt auf der Schwäbischen Alb. Die mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten sind hier ausreichend hoch und weisen starke Turbulenzen und wechselnde Schrägströmungen auf. Sie sind ideal für die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien für Windenergieanlagen in bergigem, komplexem Gelände. Am Standort stehen bereits zwei 100 Meter hohe meteorologische Messmasten, bisher mit temporärer Genehmigung. Zwei weitere gleich hohe Masten wollen die Projektpartner nun errichten. Diese zeichnen zeitlich hoch aufgelöst die Geschwindigkeit und Richtung des Windes auf, genauso wie Lufttemperatur, -feuchtigkeit und -druck. Laseroptische Messsysteme erfassen die An- und Nachlaufströmung der geplanten Windenergieanlagen, die die Projektpartner nun zwischen jeweils zwei Messmasten errichten wollen. Jede Anlage hat eine installierte Leistung von 750 Kilowatt. Der Rotordurchmesser beträgt 54 Meter, die Gesamthöhe 100 Meter. Die Windenergieanlagen sind vom Fundament bis zu den Rotorblättern umfangreich mit Mess-Sensoren ausgestattet.

Direkter Vergleich möglich

Das Testfeld ist als Plattform ausgelegt, mit der die Aktivitäten von Forschung und Industrie unterstützt werden. Hersteller von Windenergieanlagen und Zulieferer etwa können dort zukünftig technologische Verbesserungen entwickeln und untersuchen lassen: Die Forscherinnen und Forscher statten dafür die eine Windenergieanlage mit den jeweiligen Neuentwicklungen aus. Die andere bleibt unverändert und dient als Referenz. So kann die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen direkt miteinander verglichen werden. Dabei haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler uneingeschränkten Zugriff auf die gesamte Regelungstechnik und die Konstruktionsdaten der Anlagen. Die Ergebnisse wollen die Projektpartner dann gemeinsam mit der Industrie auf kommerzielle Großanlagen der Megawatt-Klasse an anderen Standorten übertragen.

Außerdem wollen die Forscherinnen und Forscher eine neue Betriebsführung entwickeln, mit der die Anlagen intelligent und präziser als bisher auf sich ändernde Windverhältnisse reagieren können. Hier kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz: Damit werden Einspeiseprognosen verbessert und Modelle für die Einbindung von Energiespeichersystemen optimiert. (se)