Damit die Energiewende gelingt, muss das Energiesystem tiefgreifend umgebaut werden. Die Anpassung der Versorgungsstrukturen an immer mehr Strom aus Erneuerbaren-Energie-Anlagen, neue Energieeffizienz-Technologien, neue Speicherlösungen und Geschäftsmodelle sowie die zunehmende Verzahnung von Strom, Wärme und Verkehr beeinflussen sowohl das Lebensumfeld aller Bürgerinnen und Bürger als auch die Akteurskooperationen in der Wirtschaft und im Energiemarkt. Neuerungen müssen somit nicht nur von den Personen, die sie anwenden, sondern auch von der Gemeinschaft getragen werden.
Warum ist Energiewende-Forschung zu gesellschaftlichen Aspekten wichtig?
Wie müssen beispielsweise Partizipationsmodelle aussehen, um im Alltag zu funktionieren? Wie müssen Energieeffizienz-Technologien gestaltet sein, damit die gewünschten Stromspar-Effekte tatsächlich eintreten? Wo entstehen Hemmnisse für die Energiewende und wie kann die Gesellschaft diese überwinden?
Die Energiewende ist eine Mammutaufgabe und betrifft viele Bereiche des öffentlichen, wirtschaftlichen und privaten Lebens. Aufgrund dieses vielschichtigen Transformationsprozesses reicht es nicht aus, dass Forscherinnen und Forscher nur technologische Innovationen, organisatorische Neuerungen und regulatorische Anpassungen untersuchen. Gesellschaftliche Fragestellungen, wie beispielsweise sozio-ökonomische Auswirkungen, innovative Formen der Kommunikation und Wissensvermittlung, Narrative für die Energiewende bis hin zu Akzeptanz-, Konflikt- und Allianzstrukturen müssen sie genauso beleuchten, wie auch neue Entwicklungen an den Arbeitsmärkten und gesellschaftlich relevante Digitalisierungsprozesse. Bislang ist der Zusammenhang zwischen dem als dringend notwendig erkannten Handlungsbedarf für die Energiewende und der Frage, wie sich komplexe Veränderungen des Energiesystems konkret auf die Gesellschaft auswirken, noch wenig erforscht. Die Forschung soll deshalb dazu beitragen, gesellschaftlich akzeptierte Lösungswege für eine gemeinsame Umsetzung der Energiewende aufzuzeigen und die Chance auf Teilhabe besser zu vermitteln.
Die Bundesregierung hat in das 7. Energieforschungsprogramm erstmals den Forschungsbereich „Energiewende und Gesellschaft“ als system- und technologieübergreifendes Querschnittsthema aufgenommen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in diesem Zuge bislang zwei Förderaufrufe gestartet, um Wissenschaftsteams auf die Projektförderung in diesem Bereich aufmerksam zu machen.
Mit dem ersten Förderaufruf aus dem Jahr 2019 hat das BMWK erste transdisziplinäre Forschungsvorhaben initiiert. Diese umfassten unter anderem Analysen der finanziellen und partizipativen Teilhabe an der Energiewende, berufliche Bildung, Umwelteffekte des mobilen Arbeitens, Betrachtungen von Reboundeffekten, Fragen der Visualisierung von erneuerbaren Infrastrukturprojekten und transparentere Kommunikationskonzepte sowie Effekte und Strukturen von Bürgerenergiegesellschaften, die Anwendung des CO2 Preises und soziale Gerechtigkeit.
Im Herbst 2020 hat das BMWK mit einem zweiten Förderaufruf Forschungsteams animiert, Projektideen einzureichen, die zum Beispiel den Wandel des Arbeitsmarkts im Zuge der Energiewende sowie die Akzeptanz gegenüber neuen digitalen Technologien untersuchen. Außerdem waren Skizzen zu sozioökonomischen Bedürfnissen an regionale Strukturwandel-Prozesse ebenso gefragt, wie zu kreativen Kommunikations- und Visualisierungsstrategien und Narrativen mithilfe derer Bürgerinnen und Bürger für die Energiewende angesprochen werden können. Im Vorfeld des Förderaufrufs hat der Projektträger Jülich im Auftrag des BMWK eine Online-Umfrage und einen Experten-Workshop durchgeführt, um so den notwendigen Forschungsbedarf zu identifizieren. Alle Forschungsvorhaben der ersten und zweiten Runde sind spätestens bis Ende 2021 auf EnArgus.de einsehbar.
Das BMWK beabsichtigt den Förderbereich 2022 neu auszurichten und für die Einreichung neuer Projektskizzen zu öffnen. Bei Fragen hierzu wenden Sie sich gern an den Projektträger Jülich.