Projekt BiWiBi
Acker, Biene, Strom: So funktioniert alles zusammen
Landwirtschaft, Biodiversität, Energiewende: Wie das zusammen funktionieren kann, hat das Team des Verbundprojekts BiWiBi untersucht. Die Fachleute wollten wissen, wie Ackerbau, Insektenschutz und Stromerzeugung in ländlichen Regionen vorteilhaft verbunden werden können. Ihre Erkenntnisse haben die Expertinnen und Experten in dem Konzept Agri4Power zusammengetragen.
Das Forschungsteam ging der Frage nach, wie die genannten Aktivitäten so verzahnt werden können, dass sowohl eine Nutzungskonkurrenz um die zur Verfügung stehende Fläche vermieden wird, als auch zusätzlich Vorteile für Bäuerinnen und Bauern entstehen.
Die Fläche wird nicht nur für die Nahrungsmittel- und Rohstoffproduktion, sondern auch für den Naturschutz sowie für die Energieproduktion benötigt. Das Team untersuchte die Verknüpfung vier verschiedener Elemente: vertikal aufgestellte, zweiseitige Photovoltaik-Module, Windenergie-Anlagen, eine nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaft sowie Biodiversitätsförderung. Nach dem Baukasten-Prinzip können diese Komponenten individuell zusammengesetzt werden – je nach Anforderungen des Standorts und Wünschen des Betreibers.
Meinungen und Bedürfnisse unterscheiden sich
Eine besondere Herausforderung war es aus Sicht des Projektleiters Dr. Christoph Gerhards vom Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW, die sich gegenüberstehenden Sichtweisen der involvierten Bauern gleichermaßen zu berücksichtigen. „Es gibt da sehr große Unterschiede“, sagt er und erklärt: „Einigen, die schon länger ökologische Landwirtschaft betreiben, ist das Gesamtsystem Natur sehr wichtig, für andere sind ein hoher Ertrag und eine günstige Produktion zentral. Die sehen Biodiversität auf ihrem Feld kritisch.“
Das Konzept Agri4Power hat das Forschungsteam dementsprechend so konzipiert, dass es Landwirten künftig Vorteile bietet, wenn sie es anwenden. So könnten sich Landwirte als Stromproduzenten eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen. Außerdem spenden Photovoltaik (PV)-Anlagen auf dem Acker den daneben wachsenden Feldfrüchten Schatten und können sie vor den Folgen von Winderosion schützen. Diese Effekte auf die Pflanzen haben Einfluss auf die Ernteerträge: Die Gefahr, dass die Erträge bei Hitze und Sturm sinken, kann gemindert werden.
Des Weiteren locken Blühstreifen mit unterschiedlichen Pflanzenarten Bienen und andere Insekten an. Grünstreifen mit Sträuchern, Totholz- und Steinhaufen dagegen bieten Kleintieren in der Agrarlandschaft neue oder ergänzende Lebensräume. Solche Maßnahmen könnten dazu beitragen, die Artenvielfalt lokal zu erhöhen.
Chancen für einzelne Landwirte und ganze Kommunen
Das Forschungsteam kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass es sich für Gemeinden lohnen kann, Agri4Power umzusetzen. Landwirtschaft entsprechend des Konzepts neu zu denken, kann zu neuen Arbeitsplätze und Einnahmen führen und somit zu zusätzlicher Wertschöpfung in der Region.
Wie das Team herausfand, stehen auch Bürgerinnen und Bürger der Wirtschaftsweise offen gegenüber. Die Befragten bevorzugen Agri4Power gegenüber der bisherigen Praxis mit Freiflächen-Solarparks, weil sich Blühstreifen positiv auf die Artenvielfalt auswirken. Auf diese Weise können Naturschutzmaßnahmen dazu beitragen, die Akzeptanz von Windenergie- und Solar-Anlagen und der Energiewende insgesamt zu erhöhen.
Als wichtigstes Kriterium, damit die Bewirtschaftung auf Grundlage von Agri4Power gelingt, sieht Dr. Christoph Gerhards eine faire Entlohnung der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen. „Die sollten sie sowohl erhalten, wenn sie Nahrungsmittel produzieren, aber auch, wenn sie Dienstleistungen für den Naturschutz erbringen, wie zum Beispiel die Biodiversität fördern oder naturverträglich Energie erzeugen.“
Antworten auf die Frage, welchen konkreten Einfluss senkrecht aufgestellte PV-Anlagen auf den landwirtschaftlichen Ertrag haben, könnten auf Basis des Konzepts künftig praktische Tests liefern. (kkl)