Erstmalig in Europa
Im Duisburger Hafen entsteht klimaneutrales Containerterminal
Wo früher Steinkohle lagerte, entsteht jetzt ein nachhaltiges Energiesystem. Auf einer ehemaligen Kohleinsel soll zukünftig unter anderem wasserstoffbasiert Energie erzeugt und gespeichert werden. Am Containerterminal wenden Forschende dazu ihre theoretischen Konzepte in der Praxis an.
Häfen dienen vor allem als Warenumschlagsplätze. Auf größeren Hafenarealen siedeln sich zusätzlich Industrie- und Gewerbeunternehmen an. Entsprechend homogen ist die Gebäudestruktur: Größtenteils findet man hier Produktions- und Lagerhallen. Auch Energienutzung und –versorgung sind nicht mit einem klassischen Wohn- oder Mischquartier vergleichbar. „Binnenhäfen sind besondere Stadtquartiere mit eigenen energetischen Anforderungen“, sagt die wissenschaftliche Leiterin des jetzt gestarteten Projektes enerPort II, Dr. Anna Grevé, Leiterin der Abteilung Elektrochemische Energiespeicher am Fraunhofer UMSICHT. Gerade diese Besonderheiten bieten ein großes Potenzial, integrale Energiekonzepte umzusetzen und energetische Transformationen durchzuführen. Wie Binnenhäfen dabei unterstützt werden können, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits im abgeschlossenen Vorhaben enerPort I untersucht. Als Ergebnis legten sie technologieoffene und übertragbare Gesamtkonzepte zur Energienutzung und –versorgung von Binnenhäfen vor.
Umsetzen werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre theoretischen Erkenntnisse jetzt am neuen Containerterminal auf der Kohleinsel im Duisburger Binnenhafen. Ein Ziel von enerPort II ist es, das erste klimaneutrale Containerterminal in Europa zu errichten. „Konkret werden wir ein nachhaltiges, wasserstoffnutzendes Energiekonzept umsetzen, das einen hohen Autarkiegrad anstrebt“, fasst Alexander Garbar, Manager Sustainability und stellvertretender Leiter der Unternehmensentwicklung beim Projektpartner duisport, zusammen. „Ein intelligentes lokales Energienetz koppelt und steuert erneuerbare Energien in Gestalt von Photovoltaik- und wasserstoffbasierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit elektrischen und thermischen Energiespeichern, Wasserstoffspeichern und Verbrauchern wie Landstrom, Ladesäulen und Krananlagen.“ Schlüsselkomponenten dafür sind Brennstoffzellen-Systeme und Wasserstoffmotoren zur Stromerzeugung sowie Batteriespeicher.
Dabei geht es zunächst nicht darum, das Energie- und Industriesystem komplett auf Wasserstoff umzustellen. Vielmehr möchten die Expertinnen und Experten Wasserstoff und die dazugehörigen Technologien in ein klassisches Energiesystem einbinden. Allerdings wird das System am Terminal erweiterbar sein: So ist es zum Beispiel denkbar, dass später vor Ort Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erzeugt wird oder eine Wasserstofflokomotive zum Einsatz kommt. „Auf diese Weise wird das Terminal zum Ankerpunkt und zur Keimzelle für den Transformationsprozess des gesamten Duisburger Hafens“, so Alexander Garbar.
Zusätzlich untersuchen die Forschenden, wie der Binnenhafen auch angrenzende Quartiere mit Energie versorgen könnte. Dies wird vor allem möglich sein, wenn am Terminal größere Strom-Überkapazitäten anfallen. Photovoltaik-Module und –folien auf Dächern und Fassaden könnten die erforderliche elektrische Energie liefern. Die Produktions- und Lagerhallen im Duisburger Binnenhafen mit ihren großen Dachflächen bieten hierfür gute Voraussetzungen.
Das Forschungsprojekt enerPort II wird im Rahmen der Technologieoffensive Wasserstoff vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Der Förderaufruf stellt einen Beitrag des BMWK zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie im Rahmen der angewandten Energieforschung dar. (bs)