Visualisierung des geplanten Containerterminals im Duisburger Binnenhafen. © duisport
Visualisierung des geplanten Containerterminals im Duisburger Binnenhafen.

Erstmalig in Europa
Im Duisburger Hafen entsteht klimaneutrales Containerterminal

20.12.2021 | Aktualisiert am: 17.09.2024

Wo früher Steinkohle lagerte, entsteht jetzt ein nachhaltiges Energiesystem. Auf einer ehemaligen Kohleinsel soll zukünftig unter anderem wasserstoffbasiert Energie erzeugt und gespeichert werden. Am Containerterminal wenden Forschende dazu ihre theoretischen Konzepte in der Praxis an.

Häfen dienen vor allem als Warenumschlagsplätze. Auf größeren Hafenarealen siedeln sich zusätzlich Industrie- und Gewerbeunternehmen an. Entsprechend homogen ist die Gebäudestruktur: Größtenteils findet man hier Produktions- und Lagerhallen. Auch Energienutzung und –versorgung sind nicht mit einem klassischen Wohn- oder Mischquartier vergleichbar. „Binnenhäfen sind besondere Stadtquartiere mit eigenen energetischen Anforderungen“, sagt die wissenschaftliche Leiterin des jetzt gestarteten Projektes enerPort II,  Dr. Anna Grevé, Leiterin der Abteilung Elektrochemische Energiespeicher am Fraunhofer UMSICHT. Gerade diese Besonderheiten bieten ein großes Potenzial, integrale Energiekonzepte umzusetzen und energetische Transformationen durchzuführen. Wie Binnenhäfen dabei unterstützt werden können, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits im abgeschlossenen Vorhaben enerPort I untersucht. Als Ergebnis legten sie technologieoffene und übertragbare Gesamtkonzepte zur Energienutzung und –versorgung von Binnenhäfen vor.

Umsetzen werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre theoretischen Erkenntnisse jetzt am neuen Containerterminal auf der Kohleinsel im Duisburger Binnenhafen. Ein Ziel von enerPort II ist es, das erste klimaneutrale Containerterminal in Europa zu errichten. „Konkret werden wir ein nachhaltiges, wasserstoffnutzendes Energiekonzept umsetzen, das einen hohen Autarkiegrad anstrebt“, fasst Alexander Garbar, Manager Sustainability und stellvertretender Leiter der Unternehmensentwicklung beim Projektpartner duisport, zusammen. „Ein intelligentes lokales Energienetz koppelt und steuert erneuerbare Energien in Gestalt von Photovoltaik- und wasserstoffbasierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit elektrischen und thermischen Energiespeichern, Wasserstoffspeichern und Verbrauchern wie Landstrom, Ladesäulen und Krananlagen.“ Schlüsselkomponenten dafür sind Brennstoffzellen-Systeme und Wasserstoffmotoren zur Stromerzeugung sowie Batteriespeicher.

Der Duisburger Binnenhafen

Das Duisburger Hafengelände hat 21 Hafenbecken, ein rund 200 km langes Schienennetz und 8 Containerterminals mit 21 Containerbrücken zum Be- und Entladen von Schiffen, Lkws und Zügen. Der Transport von Rohstoffen wie Kohle oder flüssigen Gütern erfolgt durch fünf Importkohleterminals und 19 Anlagen zum Flüssiggutumschlag mit einem aggregierten Tankraum für Flüssiggüter von etwa 0,6 Millionen Kubikmeter. Insgesamt werden im Duisburger Hafen jährlich über 25.000 Züge und 20.000 Schiffe und mehr als 4,1 Millionen TEU (Twenty feet equivalent unit = 20 Fuß Container) pro Jahr umgeschlagen.

Infotipp

Der Deutschlandfunk hat in seinem Beitrag „Duisport: Europas größter Binnenhafen will klimaneutral werden“ am 20. Januar 2022 über das Vorhaben enerport berichtet: Hören Sie sich hier den Beitrag beim Deutschlandfunk an.

Dabei geht es zunächst nicht darum, das Energie- und Industriesystem komplett auf Wasserstoff umzustellen. Vielmehr möchten die Expertinnen und Experten Wasserstoff und die dazugehörigen Technologien in ein klassisches Energiesystem einbinden. Allerdings wird das System am Terminal erweiterbar sein: So ist es zum Beispiel denkbar, dass später vor Ort Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erzeugt wird oder eine Wasserstofflokomotive zum Einsatz kommt. „Auf diese Weise wird das Terminal zum Ankerpunkt und zur Keimzelle für den Transformationsprozess des gesamten Duisburger Hafens“, so Alexander Garbar.

Zusätzlich untersuchen die Forschenden, wie der Binnenhafen auch angrenzende Quartiere mit Energie versorgen könnte. Dies wird vor allem möglich sein, wenn am Terminal größere Strom-Überkapazitäten anfallen. Photovoltaik-Module und –folien auf Dächern und Fassaden könnten die erforderliche elektrische Energie liefern. Die Produktions- und Lagerhallen im Duisburger Binnenhafen mit ihren großen Dachflächen bieten hierfür gute Voraussetzungen.

Das Forschungsprojekt enerPort II wird im Rahmen der Technologieoffensive Wasserstoff vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Der Förderaufruf stellt einen Beitrag des BMWK zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie im Rahmen der angewandten Energieforschung dar. (bs)