Technologieoffensive Wasserstoff
Innovative Brenner begünstigen energieeffizient produzierten Sekundärstahl
Forschende wollen die Sekundärstahlherstellung CO2-ärmer gestalten. Möglich wird das mit einem neuen Brennerkonzept sowie mithilfe von Wasserstoff. Der soll zukünftig fossile Brenngase im Stahlschmelzprozess ersetzen. OptiLBO ist das erste Projekt, das in der Technologieoffensive Wasserstoff gestartet ist.
Stahl zählt zu den wichtigsten Werkstoffen in der Baubranche, im Mobilitätssektor und im Maschinenbau. Wird der Werkstoff hergestellt, verbraucht das jedoch viel Energie und stößt prozessbedingt große Mengen an CO2-Emissionen aus. Die Einsparpotenziale sind sowohl in der Primärherstellung als auch in der Sekundärherstellung sehr hoch.
Stahl energieeffizient herstellen und CO2-Emissionen reduzieren
Im Forschungsprojekt OptiLBO wollen das Gas- und Wärme-Institut Essen, die GMH Gruppe, Kueppers Solutions und Küttner Automation die sekundäre Stahlherstellung deutlich effizienter und nachhaltiger gestalten. Stahlwerke in ganz Deutschland produzieren jährlich rund zwölf Millionen Tonnen Sekundärstahl. Wird der dafür benötigte Energieverbrauch um 20 Prozent reduziert, spart dies etwa 120 Gigawattstunden Energie und 20.700 Tonnen CO2 ein. Das entspricht der Energiemenge, die mehr als 4.000 durchschnittliche Einfamilienhäuser verbrauchen.
In OptiLBO betrachten die Forschenden deshalb den Herstellungsprozess im sogenannten Elektrolichtbogenofen. Anwendungsbeispiel ist das Stahlwerk Bous im Saarland der Projektpartnerin GMH Gruppe. Hier sollen innovative Brennersysteme und eine intelligente Steuerung dazu beitragen, um bis zu 25 Prozent weniger Erdgas zu verbrauchen. Mithilfe der verbesserten Technologie ließen sich dann in einem Jahr rund fünf Gigawattstunden (GWh) Energie und fast 900 Tonnen CO2 einsparen, wie die Forschenden berechnet haben.
Neben der neuen Brennertechnologie und der selbstlernenden Prozesssteuerung verfolgen die Forschenden in OptiLBO noch ein weiteres Ziel: Sie wollen erstmals Wasserstoff als Brennstoff einsetzen und damit Erdgas sogar weitestgehend ersetzen.
Brenngase optimal vormischen und Prozesssteuerung digitalisieren
Im Elektrolichtbogenofen werden Brenngas und Oxidator erst im Brennraum gemischt. Bei aktuell eingesetzten Brennern geschieht dies ungeregelt und je nach Betriebszustand des Ofens nicht immer optimal. Im Extremfall verbrennt das Erdgas erst auf dem Weg ins Abgas und gibt seine Wärme somit nicht an die Stahlschmelze ab.
Das Team von OptiLBO entwickelt daher einen neuen Brenner mit additiv gefertigter Mischvorrichtung. Diese sorgt dafür, dass Brenngas und Sauerstoff schneller und vor allem gut durchmischt werden. Somit verbrennen sie vollständig und tragen mehr Energie in die Stahlschmelze ein. Zudem reduziert dies die Stickoxid-Emissionen um etwa 90 Prozent gegenüber herkömmlichen Industriebrennern. Damit baut OptiLBO auf Entwicklungen aus dem Forschungsprojekt AdReku auf.
Weiterhin kombinieren die Forschenden die innovativen Brenner mit einer selbstlernenden Steuerung. Diese basiert auf verschiedenen Simulationsmodellen sowie einer künstlichen Intelligenz. Sie erkennt den Prozesszustand, erlaubt Vorhersagen und steuert den Schmelzprozess so, dass lediglich die aktuell benötigte Wärmemenge eingebracht wird. Der Elektrolichtbogenofen kann damit Stahlschrott energieeffizient einschmelzen, wobei zudem weniger CO2 freigesetzt wird.
Wasserstoff in der Stahlproduktion einsetzen und Erdgas ersetzen
OptiLBO hat sich als erstes Forschungsprojekt in die Technologieoffensive Wasserstoff des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eingereiht. Mit der nationalen Wasserstoffstrategie und der dazugehörigen Technologieoffensive will die Bundesregierung den Weg des regenerativen Energieträgers weiter ebnen.
In OptiLBO analysieren die Forschenden, wie sich der Wasserstoff als Brenngas auf den Stahlschmelzprozess auswirkt — sowohl anteilig im Gasgemisch als auch in reiner Form. Ein Fokus liegt etwa auf der Frage, wie der Wasserstoff die Materialeigenschaften des Ofenraumes beeinflusst. Zudem analysieren die Forschenden seine Verbrennungs- und Wärmeübertragungseigenschaften sowie Art und Umfang eventuell entstehender Schadstoffe. (ln)