Energieforschung ist strategisches Element der Energiepolitik
Energie steht am Anfang der menschlichen Zivilisation und ist der Motor wirtschaftlichen Handelns. Das verlässliche und klimaverträgliche Bereitstellen von Energie zu bezahlbaren Preisen und ihr effizienter Einsatz bilden die Grundlage der deutschen Wirtschafts- und Energiepolitik. Wohlstand und gesellschaftliche Entwicklung gehen daher Hand in Hand mit neuen Wegen Energie bereitzustellen und zu nutzen.
Bis vor wenigen Jahren stellten vor allem fossile und nukleare Energieträger die Grundpfeiler der Versorgung dar. Das hat sich durch viele große und kleine Innovationen entscheidend und nachhaltig verändert. Dafür hat kontinuierliche Energieforschung über Jahrzehnte die technologischen Grundlagen geschaffen. Heute stehen wir vor der Herausforderung, das Energiesystem tiefgreifend umzugestalten und neu zu denken. Hierfür sind neue und verbesserte Technologiegenerationen erforderlich. Energiewende und Klimaneutralität sind nur mit Innovationen und technologischem Fortschritt möglich. Daher ist Energieforschung ein strategisches Element der Energiepolitik.
Klimaneutraler Umbau der Energieversorgung in Deutschland
Treibhausgasemissionen auf Null senken
Statt wie bisher Energieträger auf Basis endlicher Ressourcen mit nicht abschätzbaren Folgen für Mensch und Umwelt zu verwenden, setzen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Energiewende auf den Einsatz erneuerbarer Energieträger. Dazu zählen zum Beispiel Wind- und Sonnenenergie in der Stromproduktion oder Biomasse, Solar- und Erdwärme in der Wärmeversorgung. Damit das gelingen kann, muss der Energiebedarf gleichzeitig drastisch sinken. Deshalb hat dieSteigerung der Energieeffizienz in allen Wirtschaftssektoren für die Bundesregierung ebenfalls höchste Priorität.
Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sieht einen weitreichenden Umbau der Energieversorgung in Deutschland vor. Wesentliches Ziel ist es bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dies soll unter anderem durch die Steigerung der Energieeffizienz bei einem gleichzeitigen Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien gelingen.
Ziel der Bundesregierung ist es, die politischen Rahmenbedingungen im Energiebereich so zu setzen, dass der Prozess der Energiewende zum Treiber für Energieeffizienz, Modernisierung, Innovationen und Digitalisierung in allen Sektoren des Energiesystems wird. Zugleich soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland für die Zukunft gesichert werden. Der politische Prozess zur Umsetzung der Energiewende ist vielschichtig und betrifft weite Teile von Industrie und Gesellschaft:
Die zentrale Basis bildet dabei das energiepolitische Zieldreieck von Versorgungssicherheit, verlässlicher Bezahlbarkeit und Klimaverträglichkeit.
Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien hat die Bundesregierung eine ambitionierte und sektorübergreifende Energieeffizienzstrategie initiiert. In diesem Zuge hat der Bund die „Roadmap Energieeffizienz 2045“unter breiter Beteiligung von Energiewirtschaft und Industrie als zentrales Dialogforum etabliert. Die Roadmap ist Teil der deutschen Energieeffizienzstrategie und soll sektorübergreifende Pfade zur Erreichung des Reduktionsziels für 2045 diskutieren. Der Prozess soll im Herbst 2022 mit der Verabschiedung eines programmatischen Strategiepapiers zur Energieeffizienz bis 2045 abgeschlossen werden.
Ein zielstrebiger, effizienter und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien bildet die Grundlage der Energiewende – auch um den Bedarf an Strom, Wärme und Kraft-/Brennstoffen zur Erreichung der Klimaschutzziele in den Sektoren Mobilität und Transport, Gebäude und Quartiere sowie im Industriesektor zu decken. Unter diesen Voraussetzungen strebt die Bundesregierung einenAnteil von 40-45 Prozent erneuerbare Energien bis 2025 an.
Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff gilt dabei als Schlüsselelement für die Energiewende. Er könnte insbesondere in den Sektoren Industrie und Verkehr dazu beitragen, Treibhausgas-Emissionen zu senken. Hier reicht es nicht aus, Öko-Strom zu nutzen und Energie einzusparen. Damit Deutschland seine globale Vorreiterrolle bei Wasserstofftechnologien behauptet, hat das Bundeskabinett am 10. Juni 2021 die Nationale Wasserstoffstrategiebeschlossen.
Ein weiterer bedeutsamer Baustein der Energiewende ist die Wärmewende. Um den Wärmebedarf erheblich zu senken und die Wärmeversorgung schrittweise auf erneuerbare Wärme und unvermeidbare Abwärme umzustellen, setzt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Dialog „Klimaneutrale Wärme“einen Beschluss des Klimaschutzprogramms 2030 um. Zentrale Akteure sollen sich über das Ziel und die Wege zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung austauschen.
die Stärkung der weltweiten multilateralen Kooperation über die aktive Mitwirkung in internationalen Organisationen wie der Internationalen Energieagentur (IEA)und der IRENA (Internationale Organisation für erneuerbare Energien) sowie der Beteiligung an internationalen Initiativen wie Mission Innovation und
die Schaffung zusätzlicher weltweiter Märkte für Effizienz und erneuerbare Energien, flankierend zur Industriepolitik, vor allem durch die Stärkung der Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen.
Förderung der Energieforschung für die Energiewende
Als strategisches Element der Energiepolitik orientiert sich die Energieforschungsförderung an den politischen Zielen der Bundesregierung. Um diese Ziele zu erreichen und die Energiewende zum Erfolg zu führen, müssen bestehende Technologien kontinuierlich weiterentwickelt und neue technische und nicht-technische Innovationen geschaffen und zur Anwendung gebracht werden. Die gesellschaftlichen Anforderungen sind dabei von besonderer Bedeutung.
Gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft sollen neue Formate zur Vernetzung entstehen, um die inländische Wertschöpfung zu steigern und die klügsten Köpfe in Deutschland zu halten.
Konsultationsprozess
In einem breit angelegten Konsultationsprozess hat die Bundesregierung 2017 unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (ehemals Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) zahlreiche Akteure aus Wissenschaft und Industrie, Verbänden und Zivilgesellschaft befragt, wie die Energieforschung ausgerichtet werden sollte, um die gemeinsamen Herausforderungen der Energiewende zu meistern.
Leitlinien
Aufbauend auf dem Konsultationsprozess, haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als die drei zuständigen Ressorts das 7. Energieforschungsprogramm erarbeitet. Das Programm greift drängende Zukunftsfragen auf und leitet daraus zentrale energieforschungspolitische Ziele ab:
Ein neuer Fokus auf den Technologie- und Innovationstransfer, insbesondere durch die Start-ups als wichtige Impulsgeber für die Energiewende künftig stärker unterstützt werden. Sie tragen zur Entwicklung neuartiger technologischer Lösungen bei, erschließen mit innovativen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen neue Märkte und sind damit wichtige Akteure der Energiewende. Um dieses Potenzial für den Umbau des Energiesystems zu erschließen, soll der Zugang zur Forschungsförderung für Start-ups deutlich erleichtert werden.
Die Neuausrichtung auf sektor- und systemübergreifende Fragestellungen der Energiewende wie Digitalisierung, Sektorkopplung und gesellschaftsbezogene Energiewendeforschung. Das trägt dazu bei, den ganzheitlichen Förderansatz sicherzustellen.
Ein enges Vernetzen der Forschung auf europäischer und internationaler Ebene. Die Kooperation mit internationalen Organisationen wird ausgebaut und der wissenschaftliche Austausch gefördert. Zudem soll die Export- und Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.
Erstmaliger Fokus auf eine ressortübergreifende, themenorientierte Programmstruktur der Projektförderung. Die bewährte Arbeitsteilung der Ressorts bleibt bestehen und richtet sich am Konzept des technologischen Reifegrads der zu erforschenden Themen und Technologien aus.
Systemische Forschungsförderung orientiert am „Technology Readiness Level"
Die Energieforschungsförderung der Bundesregierung ist gesamtgesellschaftlich und systemisch ausgestaltet. Nach einer Periode der reinen Technologieförderung, gefolgt von der Konzentration auf Systemfragen, tritt im 7. Energieforschungsprogramm die Forschung zur Transformation des Energiesystems in den Fokus. Dabei steht der Gesamtnutzen der angestrebten Forschungsergebnisse für das Energiesystem und ihre mögliche Anwendung im Vordergrund.
Erstmals deckt das Programm den gesamten Innovationszyklus ab und verfolgt damit einen ressortübergreifenden Ansatz. Es orientiert sich bei der Ressort- und Budgetzuordnung an der international anerkannten Systematik des sogenannten Technology Readiness Level (TRL). Die Technologien werden dabei nach dem im jeweiligen Projekt angestrebten Reifegrad betrachtet, von ersten Grundlagenuntersuchungen über die Technologieentwicklung bis hin zur Markteinführung.
Während das Bundesministerium für Bildung und Forschung Fördermaßnahmen in allen Bereichen der Grundlagenforschung (TRL 1-3) umsetzt, fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz anwendungsnahe Forschung (TRL 3-7) und die Reallabore der Energiewende entlang der gesamten Energiekette (TRL 7-9). Zudem fördert das BMWK Vorhaben im Bereich der energetischen Biomassenutzung. Für die anwendungsnahe Biomasseforschung (TRL 3-7) ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zuständig. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördern zudem die nukleare Sicherheitsforschung. Bild: Projektträger Jülich
Während das Bundesministerium für Bildung und Forschung Fördermaßnahmen in allen Bereichen der Grundlagenforschung (TRL 1-3) umsetzt, fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz anwendungsnahe Forschung (TRL 3-7) und die Reallabore der Energiewende entlang der gesamten Energiekette (TRL 7-9). Zudem fördert das BMWK Vorhaben im Bereich der energetischen Biomassenutzung. Für die anwendungsnahe Biomasseforschung (TRL 3-7) ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zuständig. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördern zudem die nukleare Sicherheitsforschung. Bild: Projektträger Jülich